piwik no script img

Archiv-Artikel

Sichern statt schlichten

Friedenssicherung durch UN-Blauhelme erfolgt nach den Desastern in Somalia, Ruanda und Bosnien erst nach einer Militärintervention

BERLIN taz ■ 34.941 Blauhelmsoldaten und UN-Polizisten waren zum Stichtag 31. Mai weltweit im Einsatz, rund zwei Drittel davon in Afrika. Im Juli beschloss die UNO die Verdoppelung der Mission in der Demokratischen Republik Kongo, Ende letzter Woche eine 16.100 Mann starke ganz neue Mission in Liberia. Militärische Friedenssicherung durch die UNO, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent, ist wieder in Mode – keine zehn Jahre nach den Desastern von Somalia, Ruanda und Bosnien.

Doch hat sich „Peacekeeping“ gewandelt. Blauhelme werden heute nicht mehr auf sich selbst gestellt in eine Kriegssituation losgeschickt, wo sie hoffen müssen, dass die verfeindeten Armeen ruhig bleiben. Zunehmend treten UN-Soldaten heute erst an, nachdem vorher eine robuste Militärintervention einer Regionalorganisation die Konfliktparteien getrennt und befriedet hat. Dies hat damit zu tun, dass es bei internationaler Friedenssicherung immer mehr um die Befriedung von Bürgerkriegssituationen geht und immer weniger um die Schlichtung zwischenstaatlicher Konflikte.

„Die internationale Gemeinschaft begreift heute die wichtige Rolle, die UN-Friedenstruppen in einer Nachkriegs- oder Nachwahlsituation bei Friedensprozessen spielen können“, sagte Generalmajor Patrick Cammaert, einst Kommandant der UN-Mission an der äthiopisch-eritreischen Grenze und heute Chefmilitärberater der UNO. „Sie hat den Wert eingesehen, den eine fortgesetzte Truppenstationierung während der Übergangszeit von Friedenssicherung zu Friedensaufbau hat.“ Gemeint ist damit, dass eine UN-Militärpräsenz den Aufbau neuer Institutionen nach einem Bürgerkrieg oder einem innenpolitischen Konflikt absichern kann.

Die UNO sieht zwei große Herausforderungen für die Zukunft im Bereich Friedenssicherung. Auf die eine geht UN-Generalsekretär Kofi Annan in seinem Jahresbericht ein: bessere Koordination zwischen den militärischen und politischen Aspekten eines Friedensprozesses. Die andere ist ohnehin ein Dauerthema: mehr Länder davon zu überzeugen, Soldaten für die UNO abzustellen. Die reichen Länder intervenieren militärisch heute fast nur noch außerhalb des UN-Rahmens, und Blauhelmtruppen werden fast nur noch von Entwicklungsländern gestellt. Dies führt zu ständiger Truppenknappheit und erhöhtem Ausrüstungs- und Ausbildungsbedarf. DOMINIC JOHNSON