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Archiv-Artikel

Bielefeld stellt Wowereit des Westens

Die Serie zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Heute: Prickel-Pit und Wander-Ebby kämpfen ums Rathaus

Bielefeld?330.000 EinwohnerInnen, jedes Jahr ziehen ein bis zweitausend Menschen freiwillig in die ostwestfälischste aller Städte. Vielleicht liegt‘s am Teutoburger Wald oder Schokopudding von Oetker. Trotzdem kommen seit 2002 plötzlich zehn Prozent weniger TouristInnen nach Bielefeld, keineR weiß warum. Mit 14,4 Prozent Arbeitslosigkeit zieht die Provinzmetropole mit Wanne-Eickel gleich. Wenigstens Arminia ist wieder in der ersten Liga.Wer hat was zu verlieren?Die Christdemokraten ihre absolute Mehrheit. Die Sozialdemokraten ihren Wowereit des Westens. Und die BürgerInnen ihre Stadtwerke. Die CDU will sie verkaufen, die SPD verspricht das Gegenteil. Schon der Cross-Border-Leasing-Deal ist an einem Bürgerbegehren gescheitert.Wer regiert im Rathaus? Eberhard David. Der 62-jährige Christdemokrat regiert schon seit fünfzehn Jahren, ist ein echter Kirchenfan, geht auf Wappenwanderungen und freut sich, dass ihm seine Frau den Rücken stärkt.Wer will da rein?Pit Clausen. Der braungebrannte Genosse heißt eigentlich Peter und hat sich gleich bei seiner Kandidatur als schwul geoutet. Peter-Pit ist Arbeitsrichter und wenn sein Partner keine Zeit hat, geht er gerne Gasse mit Hund Käpt`n Kirk. Pit will die Ganztagsgrundschule für alle und Kinderhorte für viele. Die grüne Inge Schulz ist eine Ökopaxin wie sie im Buche steht, kocht gerne Maulbeermarmelade und sammelt für Nicaragua. Mit Erfolg: Bei den Europawahlen heimsten die Grünen knapp 20 Prozent der WählerInnenstimmen ein.Was gibt es im Wahlkampf außer Kugelschreibern?Die SPD wirft massenhaft Prickel Pit mit Orangengeschmack unters Wahlvolk. Die Brausebonbons waren in den 60ern beliebt, jetzt sollen sie zeigen, wie modern und prickelnd Pit ist. Die CDU wandert den 80 Kilometer langen Wappenrundweg entlang. Natürlich in Etäppchen.Wer hat die schönsten Wahlplakate?CDU und SPD setzen auf Weichzeichner. Eberhard ist verschwommen und mit Skistöcken bewaffnet beim Wandern zu sehen, er will „wissen, was läuft.“ Pit schmiegt sich an seinen Golden Retriever, ist „ein neuer Mann“ und verspricht „Neues Handeln.“ Die Grünen haben nicht vergessen, dass die Erde nur geborgt ist.Die taz-Prognose:Eberhard hat sich mit ihrem Privatisierungswahn unbeliebt gemacht, Pit könnte bei den Jüngeren punkten. Zumindest die absolute Mehrheit der Schwarzen wird geknackt. ANNIKA JOERES