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Archiv-Artikel

Kurdische Politiker wieder auf freiem Fuß

Vorübergehende Festnahme in Ankara wegen Teilnahme an einer angeblichen PKK-Veranstaltung in Deutschland

ISTANBUL taz ■ Die am Montag festgenommenen Vorsitzenden der beiden prokurdischen Parteien Dehap und Özgür Parti, Tuncer Bakirhan und Ahmet Turan, sind wieder frei. Sie waren gestern dem Haftrichter am Staatssicherheitsgericht in Ankara vorgeführt worden, der ihre Freilassung anordnete. Mit den beiden kurdischen Politikern waren auch der Rocksänger Haluk Levent und zwei Gitarristen seiner Band freigelassen worden. Allen hatte die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sie hätten am 13. September in Deutschland an einer Veranstaltung der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) teilgenommen.

Die fragliche Veranstaltung war das jährlich stattfindende kurdische Kulturfestival, als dessen Veranstalter die PKK-nahe Organisation Yekom auftritt. An der Organisation des Festivals, das in diesem Jahr auf der Gelsenkirchener Trabrennbahn stattfand, waren auch Vertreter der Stadt Gelsenkirchen beteiligt. Bei den Auftritten der Haluk Levent Band und den Reden der beiden aus der Türkei angereisten Politiker hatten Anhänger der PKK Poster des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan und andere Pro-PKK-Transparente geschwenkt.

Die Staatsanwaltschaft warf den fünf deshalb Unterstützung der terroristischen Vereinigung PKK/Kadek vor. Alle fünf wurden nach ihrer Vernehmung am Montag in vorläufigen Gewahrsam genommen. Während Haluk Levent vor seiner Festnahme gegenüber der Presse sagte, er habe nicht gewusst, dass es sich um eine PKK-Veranstaltung handelte, erklärten die beiden Politiker, sie ständen zu jedem Wort, das sie in Gelsenkirchen gesagt haben, und es habe für sie keinen Grund gegeben, einer Veranstaltung fern zu bleiben, bei der der Bürgermeister von Gelsenkirchen die Schirmherrschaft übernommen hatte.

Die Festnahme der Politiker und Musiker hatte sich in eine Kette ähnlicher Vorfälle in den letzten Jahren eingereiht. Allerdings traf das Vorgehen der Staatsanwälte dieses Mal nicht mehr auf die ungeteilte Zustimmung der veröffentlichten Meinung und der staatlichen Autorität. Justizminister Cemil Celik äußerte sich kritisch zu den Festnahmen und sagte: „Wir machen unsere Reformen nicht, um die Gesetzblätter anschließend im Regal verstauben zu lassen. Auch Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der unmittelbar nach seiner Rückkehr vom IWF-Gipfel in Dubai nach dem Vorfall gefragt wurde, äußerte sich erstaunt und sicherte zu, sich persönlich darüber zu informieren.

JÜRGEN GOTTSCHLICH