USA wollen Soldaten und Geld, aber keine Einmischung

Paris, Moskau, Berlin und Peking fordern eine Schlüsselrolle für die UNO im Irak. Aber die USA wollen in den relevanten Fragen die Kontrolle behalten

GENF taz ■ Vor einem Jahr bedurfte es sieben Wochen intensiver Verhandlungen, bis aus dem Ende September vorgelegten ersten Entwurf der USA schließlich die vom UNO-Sicherheitsrat Anfang November im Konsens verabschiedete Irakresolution 1441 wurde. Wird es diesmal auch so lange dauern?

Unter den Diplomaten der an den Verhandlungen beteiligten Staaten will sich niemand auf ein Datum festlegen. Die erste, von der Bush-Administration selbst gesetzte Frist bis zur gestern eröffneten Generaldebatte der Vollversammlung ist bereits ergebnislos verstrichen. Und in der Substanz hat sich an den zentralen gegensätzlichen Positionen, die erstmals Mitte September von den Ratsmitgliedern USA, Frankreich, Russland, Deutschland und China öffentlich formuliert wurden, nichts verändert. Washington will eine UNO-Resolution, die andere Staaten „ermutigt“, Soldaten und Geld zur Unterstützung des anglo-amerikanischen Besatzungsregimes bereitzustellen. Die Kontrolle über alle relevanten politischen, wirtschaftlichen sowie militärisch-polizeilichen Fragen soll uneingeschränkt bei den Besatzern verbleiben.

Die künftige Rolle der UNO wird von der Bush-Administration zwar als „vital“ beschrieben. Doch das ist ein Euphemismus. Konkret sieht Washington für die UNO – neben der fortgesetzen operativen Verantwortung für humanitäre Hilfen – als künftige Aufgaben lediglich eine „Beteiligung“ an der Ausarbeitung einer irakischen Verfassung vor sowie die Überwachung künftiger Wahlen. Paris, Moskau, Berlin und Peking fordern hingegen eine „Schlüsselrolle“ für die UNO. Gemeint ist, dass die UNO in allen relevanten politischen und wirtschaftlichen Fragen eine mit den anglo-amerikanischen Besatzern zumindest gleichberechtigte Verantwortung, wenn nicht sogar die alleinige Kontrolle erhalten soll.

Der zweite Streitpunkt berührt die Schritte und den Zeitplan bis zur Übergabe der Macht an eine vom Volk gewählte Regierung im Irak. Bislang hat die Bush-Administration jegliche Nennung konkreter Daten vermieden. Sie argumentiert, dafür sei der von ihr eingesetzte Irakische Gouverneursrat verantwortlich. Da der Rat aber in all seinen Entscheidungen von der Zustimmung des US-Statthalters in Bagdad abhängig ist, verbleibt die Kontrolle über den Zeitplan de facto bei den USA.

Frankreichs Präsident Chirac äußerte dagegen am Montag in einem Interview die bislang nicht ganz klare Forderung nach einer zunächst „symbolischen“ Übertragung der Macht an den Gouverneursrat, der dann innerhalb von sechs, maximal neun Monaten die Ausarbeitung einer Verfassung, Wahlen und die Übernahme der realen Macht durch die neu gewählte Regierung folgen sollen. All dies soll in der neuen UNO-Resolution festgeschrieben werden – womit der UNO-Sicherheitsrat die Kontrolle über den weiteren politischen Prozess im Irak erhalten würde. Deutschland, Russland und China tragen zwar die Grundidee mit, haben gegenüber Washington aber Flexibilität hinsichtlich des konkreten Zeitrahmens signalisiert. ANDREAS ZUMACH