piwik no script img

Archiv-Artikel

Die Antifa war’s nicht

betr.: „Körting will drüber reden“ von Felix Lee, taz vom 19. 9. 03

Ihr berichtetet über eine Diskussionsveranstaltung im „Kulturverein Brücke 7 e. V.“, auf der Innensenator Körting mit rechtsextremen Jugendlichen besprach, wie viel Rechts und Links die Demokratie vertragen könnte. Wir haben in der Vergangenheit gegen solche Veranstaltungen im Brücke 7 e. V. protestiert, da hier geschulten NPD-Funktionären ein Podium geboten wurde, ihre menschenverachtende Propaganda zu verbreiten.

In eurem Artikel werden von euch leider falsche Tatsachen behauptet. Ihr schreibt, dass die rechtsextremen Jugendlichen im Veranstaltungsraum nicht anders aussahen als ihre protestierenden Altersgenossen von der Treptower Antifa, die vor dem Brücke 7 e. V. standen. Nur im Detail ließen sich die Unterschiede erkennen. Doch leider hat es auch damit nicht geklappt: Die Kundgebung draußen wurde von Aktivisten der Kameradschaftsszene und der NPD gestellt, die unter dem Namen „Berliner Alternative Süd-Ost“ (BA-SO) auftraten. Auch der „Mann von der Antifa“, den ihr interviewtet, war nicht unser Pressesprecher Silvio Kurz.

So schwer wäre die Unterscheidung zwischen AntifaschistInnen und Neonazis auch nicht gewesen – immerhin war auf dem Transparent der Neonazis deutlich „Kameradschaft Tor“ zu lesen, und in einer euch zugestellten Pressemitteilung erklärte die Treptower Antifa Gruppe (T.A.G.): „Durch Körtings Täuschungsmanöver wurde versucht, öffentliche Kritik an dieser zweifelhaften Gesprächsrunde zu verhindern. Während sich Körting in den Räumlichkeiten des Brücke 7 e. V. der Sorgen und Nöte der rechten Jugendlichen annahm, bedrohten und fotografierten draußen Mitglieder der Kameradschaft Tor auf einer Kundgebung der NPD nicht rechte Passanten.“ Wir hoffen, zukünftig nicht mehr mit Neonazis verwechselt zu werden.

SILVIO KURZ für die Treptower Antifa Gruppe (T.A.G.)

Der Verweis auf die rechtsextremen Erscheinungsformen, mit dem Herr Lee versucht, einen Einblick in die immer differenzierter werdende Kleidungs- und Symbolwelt der Rechtsextremen zu geben, deutet eine Sensibilität für das Thema Rechtsextremismus an. Nun habe ich selber an der Diskussionsveranstaltung teilgenommen. Auch ich habe die Personen auf der gegenüberliegenden Straßenseite wahrgenommen. Doch nur weil auf dem Transparent eine Person mit einem Brandsatz in der Hand gemalt ist, heißt auch das in der gegenwärtigen Zeit nicht mehr, dass es sich um „linke“ oder gar „Antifas“ handelt. Das Gegenteil ist richtig.

Man hätte es anhand der Transparentaufschrift lesen und erahnen können: „Gegen die Diktatur eurer Demokratie!“ Ich bin einfach herübergegangen und habe mit den Protestierern gesprochen. Sie gaben zur Auskunft, nationale Bildungsarbeit machen zu wollen … wohl kaum ein Anliegen der „Antifa“! Auch den angedeuteten Sprechchor, dass Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen sei, konnte ich nicht vernehmen, sondern stellte nur ein „Arbeitsplätze, statt Kriegseinsätze!“ fest – eher eine NPD-Losung als ein Antifa-Slogan. INGO GRASTORF, Berlin