: Lothar und Ottilie im Himmelbett für Tauben
Die Serie zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Heute: Geschlechterkampf der Großparteien in Bochum
Bochum?
400.000 Einwohner. Erst von der Bergbau-Hochburg zur Stahl-Stadt. Heute vom Opel-Standort zur RuhrTriennale. Herbert Grönemeyers Heimatstadt hat Erfahrung im Strukturwandel, steht mit genehmigtem Haushalt im Pott ganz gut da, selbst die Kulturausgaben sind gestiegen. Dennoch 23.000 Arbeitslose (12,7 Prozent) – Tendenz steigend.
Wer hat was zu verlieren?
Die rot-grüne Stadt mit einem Frauenanteil von 51, 8 Prozent bekommt mit der Kämmerin Ottilie Scholz (SPD) zum ersten Mal eine Bürgermeisterin – wenn die Sozialdemokraten ihren 10 Prozent-Erdrutsch von der letzten Kommunalwahl wieder aufschaufeln können. Die Grünen erreichten bei der Europawahl schon fünf Punkte mehr als bei der letzten Kommunalwahl.
Wer regiert im Rathaus?
Seit 58 Jahren regieren in Bochum die SPD und die Journalisten. Nicht nur Bochumer Junge Wolfgang Clement (SPD, 64), auch Oberbürgermeister Ernst-Otto Stüber (SPD, 64) war mal Lokalredakteur. Seit 1994 ist er der erste Mann in der Stadt. Seit 1999 musste er mit den Grünen regieren. Stüber hört auf.
Wer will da rein?
CDU-OB-Kandidat ist der Jurist Lothar Gräfingholt (51): „Der Job im Rathaus ist der Schönste, den man sich denken kann“ Er machte sich zuletzt einen Namen mit dem so genannten „Brötchentarif“, der kostenloses Kurzparken in der City möglich machen sollte. Konnte das aber in der Ratssitzung nicht gebacken kriegen.
Was gibt es im Wahlkampf außer Kugelschreibern?
Welcher Wahlkampf? In Bochum ist alles ruhig. Nur die Tauben sind ziemlich rege.
Und wer hat die schönsten Wahlplakate?
Zumindest hat die FDP-Fraktion die schönste Homepage in Bearbeitung. Fünf Wochen vor der Kommunalwahl findet der Interessierte dort: Nichts. Ansonsten ist die Stadt voller Fingerzeiger und Besserwisser. Eigentlich sollte ja niemand mit dem nackten Finger zeigen. Doch die roten Sozialdemokraten zeigen so, was sie wirklich wollen: gelbe Stadtteil-Schilder. Ottilie verdeckt was am Kinn. Die CDU-Opposition will wieder nur Besserwisser werden und plakatiert das auch so. Was besser, wie besser, wo besser? Das bleibt ein großes Geheimnis. Die Grünen kämpfen mit Plakaten wenigstens gegen die Achsen des Bösen unter den Lkws in der Stadt.
Die taz-Prognose?
Bochum bleibt wahrscheinlich rot-grün, denn eigentlich scheinen alle dafür. Selbst die CDU will ja nur Besserwisser sein.
PETER ORTMANN