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Archiv-Artikel

Ebay versteigert Börsenclub

Der Markisen-Verkäufer Wolfgang Müller ersteigerte sich ein Trainer-Engagement im Spiel gegen Borussia Dortmund. Auf Druck des BVB verzichtet er sogar auf seinen Einsatz

„Wir nehmen doch an keiner Kirmes-Veranstaltung teil“, schimpft Michael Zorc

AUS HAMBORNROLAND LEROI

Ingmar Putz ist ein pfiffiger Mensch – und das muss er auch sein. Seit einem knappen Jahr ist er als Trainer beim Verbandsligisten SF Hamborn 07 aktiv und mit innovativen Einfällen darum bemüht, den zwar traditionsreichen, aber stets klammen Fußballverein aufzupäppeln. Erst vor einer Woche hatte Putz, der unlängst dafür gesorgt hatte, dass der Bundesligist Borussia Dortmund ein Testspiel in Hamborn absolviert, mal wieder eine gute Idee. „Warum sollen wir nicht in diesem Match einen zehnminütigen Kurzeinsatz im Internet versteigern?“, fragte sich Putz, der den Gedanken laut aussprach und seinen Vorsitzenden Hans Herr in helle Freunde verfallen ließ. „Der Boss hat direkt seine Pommes fallen gelassen und die Sache angeleiert“, erinnert sich der Trainer.

Herr handelte schnell und stellte das Angebot beim Internet-Auktionshaus „e-bay“ online. Unter dem Motto „Nutzen Sie die einmalige Chance und hauen dem BVB eins zwischen die Pfosten.“, versteigerte Hamborn 07 einen zehnminütigen Kurzeinsatz für das gestrige Match. Wolfgang Müller hieß der Höchstbieter, der unter dem Decknamen „Giusal“ den dreitätigen Auktionsmarathon im Auftrag seiner Firma für sich entschied und satte 5.250 Euro locker machte.

Borussia Dortmund fand diese Aktion allerdings überhaupt nicht witzig und fühlte sich veralbert. „Wir nehmen doch an keiner Kirmes-Veranstaltung teil“, schimpfte BVB-Sportmanager Michael Zorc im Vorfeld, während der Dortmunder Trainerstab eine mögliche Verletzung der hochbezahlten Stars durch einen hölzernen Hobbykicker befürchtete. „Unsinn, niemand gibt so viel Geld aus, nur um Koller und Rosicky die Knochen wegzuhauen. Eher verletzen die sich beim Aufwärmen“, beschwichtigte Putz. Der 35-jährige ehemalige Profi, der früher unter anderem in Meppen aktiv war, versuchte in einem langen Telefonat mit Zorc derlei Vorbehalte auszuräumen und fand einen Kompromiss. Der Auktionssieger solle doch für 90 Minuten den Hamborner Trainerposten übernehmen, da könne er keinem weh tun. „Ohnehin wird eine einmalige Aktion bleiben“, sagt Putz. Zorc hat ihm erklärt, dass sich der BVB künftig bei Testspielen vor Nachahmern vertraglich absichern wolle.

Groß war die Erleichterung beim Fünftligisten, als sich Müller nach der Versteigerung als Hamborner und eingefleischter BVB-Fan outete. Für Chef Rolf Schommers, der vor 15 Jahren Präsident des Vereins aus dem Duisburger Norden war und gerade Geburtstag hatte, nahmen Müller und Kollegen an der Auktion teil. „Weil ich den BVB achte, war mir die Lösung mit dem Trainerjob sehr genehm. Wir wollen ja keinen Ärger“, sagt Müller, der Markisen verkauft und ohnehin den Werbeeffekt in den Vordergrund stellte. Jedem, der es hören wollte, nannte er den Namen seiner Firma.

Den Job an der Außenlinie versuchte Müller aber trotzdem ernst zu nehmen. Wie ein Profi habe er sich vorbereitet und „den ganzen Mittwoch Videos von BVB-Spielen gesehen. Wir wollten ja kein Debakel erleben“, meinte der 35-jährige, der sich selbst als „sehr mäßigen Fußballer“ bezeichnet. Putz und Herr war das recht. Über die Ausmaße ihrer Idee seien sich die Hamborner ohnehin nicht bewusst gewesen. „Wir haben zum Auktionsstart nur die lokale Presse informiert“, sagt der Vereinsvorsitzende. Kurz darauf sei aber schon die geballte Medienlandschaft da gewesen. Fünf TV-Anstalten schauten zum Spiel vorbei, mehrere Zeitungen riefen an und das heimische Stadion „Holtkamp“ war mit knapp 5.000 Zuschauern fast ausverkauft. RTL organisierte sogar eine Pressekonferenz mit Bert van Marwijk und Wolfgang Müller. „Nie und nimmer habe ich mit einem solchen Interesse gerechnet“, meint Putz, der sich für seine Idee noch mal selbst auf die Schulter klopfte.

Herr rieb sich derweil die Hände und freute sich über „den bundesweiten Imagegewinn. Hamborn 07 ist erstmals seit über 40 Jahren wieder in aller Munde“ glaubt er. Kurzfristig stellten sogar Sponsoren im „Holtkamp“ Werbebanden auf. Über 35.000 Besucher hatten während der Auktion die Internetseite aufgerufen. „Für e-bay Deutschland ist das Rekord“, hat sich Herr informiert. Der Erlös soll jetzt in einen Kunstrasenplatz für die Nachwuchs-Abteilung investiert werden. Mit den 5.250 Euro ist es natürlich nicht getan, die Kosten für eine solche Investition werden auf 200.000 Euro taxiert. Deshalb basteln sie im Duisburger Norden schon an der nächsten Einnahmequelle. „2007 wird der Verein 100 Jahre alt. Dann soll Bayern München zum Jubiläum kommen“, sagt Hans Herr. Die ersten Gebote für eine Einsatzzeit können dann zeitnah eingereicht werden.