: Preiserhöhung mit fragwürdigen Argumenten
Schon jetzt müssen die Stromkonzerne ihre Tarifänderungen genehmigen lassen. Doch dabei fehlt es an Transparenz
Will ein Energieversorger die Preise für seine Haushaltskunden erhöhen, muss er das bei der Strompreisaufsicht seines Bundeslandes beantragen. Die zuständigen Beamten erhalten vom Konzern eine rund 30 bis 40 Seiten dicke Unterlage, in der die Kostenkalkulation beschrieben und die geplante Preisanhebung begründet wird.
Beantragt werden die neuen Preise von den regionalen Energieversorgern – von einigen Stadtwerken abgesehen in der Regel Töchterunternehmen der vier großen Stromkonzerne Eon, Vattenfall, EnBW und RWE. Die Bewilligungsquote ist ziemlich hoch. So wurden im letzten Jahr in Nordrhein-Westfalen nur jeder fünfte Antrag auf Tarifänderung abgelehnt. Besonders transparent geht es dabei nicht zu – aus Angst vor der Konkurrenz bleiben unternehmensinterne Daten geheim.
„Früher haben die Genehmigungsbehörden kaum auf die Preisgestaltung der Unternehmen Einfluss genommen“, sagt Wolfgang Pfaffenberger, Chef des Bremer Energieinstitutes. Lediglich vor Wahlen seien Erhöhungen ungern akzeptiert worden. Traditionell nämlich gibt es eine enge Verbindung zwischen Behörde und Konzern – der früher in staatlicher Hand lag, in jener, die heute unterschreibt.
Tatsächlich sind die Begründungen der Konzerne fragwürdig. Zum Beispiel der Ausbau der regenerativen Energie. Nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare Energien entfielen von den 18 Cent je Kilowattstunde, die der private Kunde durchschnittlich zahlt, nur 0,42 Cent für die EEG-Umlage. Das sind 2,3 Prozent. Sicherlich werden die regenerativen Energien auch in diesem Jahr weiter ausgebaut – Experten gehen von 10 Prozent mehr Kapazität aus. Das würde aber bedeuten, dass eine Strompreiserhöhung allenfalls um 0,25 Prozent gerechtfertigt wäre – und nicht wie jetzt vom Mutterkonzern RWE angestrebt um 5 Prozent.
Zum Beispiel Regelenergie. Erstens ist die Menge dieser nur kurzzeitig gebrauchten – und deshalb sehr teuren – Energie gleich geblieben. Zweitens würden gern auch Windmüller oder Sonnenstromer Regelenergie produzieren. Dürfen sie aber nicht – die großen vier Konzerne geben den Markt nicht frei.
Bleiben die gestiegenen Rohstoffpreise. Die Konzerne verweisen als Richtwert auf Handelspreise an der Leipziger Strombörse. Obwohl dort nur zehn Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms gehandelt werden, ist der Preis repräsentativ. Das hat eine Studie des Energiewirtschaftlichen Institutes in Köln nachgewiesen (www.uni-koeln.de/wiso-fak/energie/de). Allerdings sei damit noch keine Aussage getroffen, ob die Preise auf dem von den vier großen Konzernen RWE, Eon, Vattenfall und EnBW dominierten Markt nicht insgesamt zu hoch sind. Und das ist die Crux: Zumindest im Zeitraum zwischen September 2001 und Juni 2003 war Energie der Studie zufolge um knapp 50 Prozent teurer als die vom Institut berechneten Kosten.
STEPHAN KOSCH