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Archiv-Artikel

Viel Herz für Pendler

Massive Proteste auch aus SPD-Bundesländern gegen die Kürzung der Entfernungspauschale. Nur ein „Angebot“, sagt der SPD-Geschäftsführer

BERLIN taz ■ Breite Ablehnung erfährt der rot-grüne Plan, die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Job zu kürzen. Der Protest ist nicht nur beschränkt auf Bundesländer mit Unionsregierungen – auch SPD-geführte Kabinette äußern sich kritisch. Dazu gehören mittlerweile Mecklenburg-Vorpommern (SPD/PDS), Brandenburg (SPD/CDU) und Rheinland-Pfalz (SPD/FDP). Bayern (CSU) und Baden-Württemberg (CDU/FDP) lehnen das Vorhaben, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ohnehin ab.

Die Fraktionen von SPD und Grünen im Bundestag hatten am Dienstag beschlossen, drei Milliarden Euro dadurch einzusparen, dass die Steuervergünstigung für Berufspendler auf 15 Cent pro Kilometer reduziert wird. Heute kann man maximal 40 Cent von der Steuer absetzen.

Mecklenburgs Arbeitsminister Helmut Holter (PDS) sagte, tausende Ostdeutsche benötigten einen Ausgleich für ihre langen Wege zum Job in die Westländer. Die Kürzung sei nur ein „Angebot“, beeilte sich Wilhelm Schmidt, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, zu erklären.

Zuspruch gab es wenig. Zu Wort meldete sich NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD), der einen Ausgleich für die Kürzungen in Aussicht stellte. Außerdem begrüßten die Umweltverbände BUND und Nabu Pläne von Rot-Grün.

Das weitere Schicksal der reduzierten Entfernungspauschale ist völlig unklar. Die beabsichtigte Kürzung ist Teil des Haushaltsbegleitgesetzes, das unter anderem die Senkung der Eigenheimzulage, die Verringerung diverser anderer Subventionen und die Kürzung des Bundeszuschusses an die Rentenkasse enthält. Am 8. Oktober findet eine Anhörung im Bundestag statt. Dann geht das gesamte Paket an den unionsdominierten Bundesrat, später entscheidet der Vermittlungsausschuss. Die Entfernungspauschale ist damit ein Teil der großen Verhandlungsmasse, zu der auch das Vorziehen der Steuerreform und die Gewerbesteuer gehören. „Das funktioniert nach dem Prinzip des Kochtopfs“, sagt ein grüner Mitarbeiter. Umrühren und abschmecken. HANNES KOCH