Gerd, die alte Bundesleberwurst

Der Kanzler lässt sich nicht alles gefallen. Schließlich ist er in der SPD – auch wenn das kaum noch jemand weiß

Jetzt war Gerhard Schröder aber doch so’n bisschen beleidigt. „Ich und Pazifist. Lächerlich. Basta.“ Ja, was hatte er sich in den vergangenen Jahren nicht alles anhören müssen. Sozialdemokratische Grundsätze habe er verraten, Arbeitsplatzvernichter, Standort-Deutschland-Zerstörer, einen Ankündigungskanzler, einen Medienkanzler, einen Zigarre paffenden Kanzlerdarsteller, ja sogar einen Anti-Amerika-Kanzler hatten sie ihn geschimpft. „Reformhaus Schröder“, riefen sie hinter ihm her. Und hätte er sich umgedreht, hätte er sogar gesehen, dass manche ihn auslachten. Deswegen hatte er sich ja auch nie umgedreht. Immer nach vorne gekuckt und gerufen: „Da ist die Zukunft. Aus dem Weg, macht Platz, ich komme!“

Alle Widerwärtigkeiten, allen Schmutz hatte er an sich abperlen lassen, ohne dreckig zu werden. Er war mit sich völlig im Reinen. Und wenn er schon unbedingt mit einem Spitznamen in die Geschichte eingehen sollte – „Teflon-Schröder“ hätte er völlig in Ordnung gefunden.

Das einzige Mal, dass er ein wenig angefressen war, das war am Anfang. Als er gerade Kanzler geworden war, musste er diese Kosovo-Geschichte durchziehen. Er ist ja in der SPD. Das werden nur noch die wenigsten wissen. Aber damals – 99 – da war das noch ein Thema, dass ausgerechnet ein SPD-Kanzler zusammen mit seinem grünen Außenminister in den Krieg zieht. Was sollte Schröder denn machen? Er musste ja beweisen, dass er’s kann – und zwar besser als der, der vorher dran war. Und einen Bundeswehr-Auslandseinsatz mit Schießen und allem, was dazugehört, das hatte selbst Kohl nicht hingekriegt. Na ja, jedenfalls haben ihn dann so ein paar Ewiggestrige eine Weile lang als „Kriegskanzler“ beschimpft.

Gut, das hatte er schon fast erfolgreich verdrängt. Aber jetzt kam es ihm doch noch mal mit Macht hoch, als dieser Bush tatsächlich behauptet hat, alle Deutschen seien im Kern Pazifisten. Alle Deutschen? Das hieß ja dann wohl: Auch er! „Ich und Pazfist“, stöhnte Schröder, „Kosovo – 11. September – Afghanistan – ja Herrgott nochmal, was soll ich denn noch alles mitmachen, damit dieser ahnungslose Scheinreligiöse Goerge W. Bush mal merkt, dass man mit mir fast alles machen kann? Nur weil ich einmal bei dieser Irak-Geschichte ausgesetzt habe, kann er mich doch nicht einen Pazifisten nennen. Ich war doch verhindert – wegen des Wahlkampfs.“

Gerhard Schröder nahm sich fest vor, dem amerikanischen Präsidenten das im Waldorf Astoria mal in aller gebotenen Friedlichkeit zu erklären. Wahlkampf. Dafür sollte doch gerade der Verständnis haben.

FRITZ ECKENGA