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Archiv-Artikel

buchpreis leipzig Sibylle Lewitscharoff

Als Sibylle Lewitscharoff vor 15 Jahren ihr erstes Buch veröffentlichen wollte, mochte sich zunächst kein Verlag dafür finden. Am Ende war es ein Galerist, der aus den Texten und Scherenschnitten ihr Prosadebüt „36 Gerechte“ machte. Erst vier Jahre später, 1998, machte es „Pong“. Da wurden aus dem Geheimtipp Sibylle Lewitscharoff die Gewinnerin des Bachmannpreises und aus ihrem Roman „Pong“, der im Berlin Verlag erschien, der Spitzentitel des Herbstes.

Lewitscharoff, Tochter einer deutschen Mutter und eines bulgarischen Vaters, wurde 1954 in Stuttgart geboren. Sie hat Religionswissenschaften studiert und Radiofeatures und Hörspiele geschrieben. Nebenbei soll sie ein raffiniertes Grammatikbrettspiel erfunden haben.

Nach ihrem Auftritt in Klagenfurt vor etwas mehr als zehn Jahren zeigte sich die Kritik begeistert von einer Autorin, die mit ihrem sprachlichen Furor ganz und gar herausfiel aus dem, was man üblicherweise an deutscher Gegenwartsliteratur lesen konnte. Eher waren es der Witz von Jean Paul und die berserkerhafte Sprachkraft eines König Ubu, mit denen man diese Autorin messen wollte. Manch einer fühlte sich aber auch überfahren oder fand gar hanebüchen, was ihm da an erzählerischer Leidenschaft und Wortneuschöpfungen entgegenschlug in Lewitscharoffs Buch über den Verrückten „Pong“. Von diesem wusste niemand recht zu sagen, ob es sich um einen Protagonisten im eigentlichen Sinne oder vielmehr um eine überbordende Sprachmaschinerie handelte.

Nachdem Lewitscharoff in den letzten drei Jahren jeweils einen anderen Literaturpreis bekommen hat, wurde am Donnerstag um kurz vor 17 Uhr verkündet, dass sie für ihren Roman „Apostoloff“ den Preis der Leipziger Buchmesse erhält. Damit wird nicht nur eines der aberwitzigsten, bösartigsten und eigenwilligsten Bücher dieses Frühjahrs ausgezeichnet, sondern auch eine Autorin, die sich mit Romanen wie „Montgomery“ (2003) und „Consummatus“ (2006) als eine beständig zwischen Totenreich und Erlösungsvorstellung hin- und herwechselnde, kompromisslose, skurrile und kluge Erzählerin einen Platz in der deutschen Gegenwartsliteratur erschrieben hat.

WIEBKE POROMBKA