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Archiv-Artikel

Piloten kritisieren Armeeführung

27 israelische Luftwaffenpiloten wollen nicht länger Einsätze in den Palästinensergebieten fliegen, bei denen der Tod unschuldiger Zivilisten nicht ausgeschlossen werden kann. Die unmoralischen Einsätze seien eine direkte Folge der Besatzung

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Israels Armee hätte die Angelegenheit lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit geregelt. 27 Piloten, davon 9 aktive Berufssoldaten, reichten jedoch Mittwochabend schriftlich ihren Protest ein. Sie wollen künftig nicht mehr an Operationen in den Palästinensergebieten teilnehmen. „Wir, die wir gelehrt wurden, den Staat Israel zu lieben und dem zionistischen Unternehmen beizusteuern, weigern uns, teilzuhaben an Angriffen der Luftwaffe auf zivile Bevölkerungszentren.“ Die Operationen, bei denen Unschuldige Schaden nehmen, seien „unmoralisch und direkte Folge der Besatzung“. Luftwaffen-Kommandant Dan Chalutz nannte die Dienstverweigerung „Mutter aller Gefahren“ und kündigte Maßnahmen gegen die neun noch aktiven Piloten an.

Bereits Mitte Juni berichtete ein privater israelischer Fernsehsender über Unmut in der Luftwaffe angesichts fortgesetzter Exekutionen meist islamischer Extremisten. So sei der Mordanschlag auf den Hamas-Sprecher Abdelasis Rantisi gescheitert, weil der Pilot „unentschlossen“ war. Sekunden der Verzögerung reichten Rantisi aus, um sich in Sicherheit zu bringen, während drei Unbeteiligte starben. „Wir können niemals wirklich sicher sein, dass keine Unschuldigen zu Schaden kommen“, erklärte Giora Ron, General der Reserve, gestern gegenüber der Stimme Israel. Wer so etwas behauptet, erzähle „Märchen“. Dennoch hätten die Piloten „keine andere Aufgabe, als ihre Mission so professionell wie möglich zu erfüllen“. Die grundsätzlichen Entscheidungen „treffen andere“.

Die Tageszeitung Yediot Achronot berichtete in ihrem Onlinedienst von „zig Piloten“, die keine Einsätze in den Palästinensergebieten fliegen, darüber aber bisher schwiegen. Wohl erst dass die 27 Piloten ihren Protest öffentlich machten, veranlasste Minister aus dem rechtsnationalen Lager, die Verweigerer umgehend aus dem Militärdienst zu entlassen. Von einem „schweren Schlag für den Kampfgeist der Armee“ sprach Bau- und Wohnungsminister Effi Eitam. „Die erbärmliche Entscheidung dient wissentlich den schlimmsten Feinden Israels.“ Der Oppositionspolitiker Jossi Sarid begrüßte dagegen die Verweigerung eines „Befehls, über dem die schwarze Flagge der Illegalität weht“.

Nicht zum ersten Mal wird Protest gegen die Besatzung aus den Reihen der Armee laut. Bereits im Januar 2002 schrieben 50 zum Teil hochrangige Reservisten einen offenen Brief an die Regierung, der inzwischen von 570 Militärs unterzeichnet wurde. Im August 2002 verweigerte Joni Ben-Artsi, Neffe von Finanzminister Benjamin Netanjahu, mit dem Argument, er sei Pazifist, den Dienst an der Waffe. Seither dauert sein Prozess vor einem Militärgericht an. Ben-Artsi sitzt von kurzen Unterbrechungen abgesehen seit über einem Jahr hinter Gittern. Einen Zivildienst gibt es in Israel nicht. Vom Militärdienst ausgeschlossen sind nur religiöse Juden, die in einer Jeschiwa-Schule studieren.

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