: Neoliberale Steuerlüge
betr.: „Komische Angst vor Kapitalflucht“, von Hannes Koch
Oje! Die Steuerfalle hat wieder zugeschnappt, hat einen gestandenen taz-Wirtschaftsredakteur erwischt. Hannes Koch addiert Spitzensteuersatz, Solizuschlag und geplante Bürgerversicherungssteuer, um zu folgern, „ein Spitzenverdiener (würde) 51 Prozent seiner Zinseinkünfte beim Finanzamt abgeben“ – das ist falsch, falsch, falsch! Die „Spitzensteuersatz“ war schon immer die konstituierte Steuerlüge. Wenn ich zu bestimmen hätte, würde ich ihn abschaffen – nicht in der Sache, nur in der Sprache. So zahlte im Jahr 2001, Spitzensteuersatz 51 Prozent, ein Spitzenverdiener auf 114.695 Mark versteuertes Einkommen, also nach Steuerprivilegien und Abschreibungen, 36.892 Mark, somit genau 33 Prozent. Auch ohne aktuellere Steuertabelle tippe ich darauf, dass nach den Steuersenkungen heute ein Einkommen am Ende der Progression mit weit unter 30 Prozent Einkommensteuer belastet wird.
Es ist ein Erfolg des Neoliberalismus, dass die Debatte derart von dem eigentlichen technischen Begriff „Spitzensteuersatz“ beherrscht wird, dass er für die meisten als Synonym für die reale Steuerbelastung = „Durchschnittssteuersatz“ (über das gesamte Einkommen) verstanden wird.
In besagtem Artikel geht darüber leider ein Teil der Information flöten: Die angegebenen niedrigen Steuersätze von Schweiz (35 Prozent) bis Spanien (15 Prozent) – sind das Spitzensätze, Durchschnittssätze oder Abgeltungssteuern? Vielleicht sind die Steuern bei uns ja gar nicht so hoch … WINFRIED SCHNEIDER, Düsseldorf