Eva und die Schlange

Es gibt Feindschaften, die gehen zurück auf den Anbeginn der Zeit. Damals, als Eva die Sache mit der Schlange passiert ist, als die Naive dem listigen Reptil all das mit der Erkenntnis abgekauft hat und zu neugierig war, um der Versuchung zu widerstehen. Damals begann der ganze Ärger. Die Schlange hat Eva hinters Licht geführt und damit direkt raus aus dem Paradies. Auf Wiedersehen, das war’s dann wohl mit dem süßen nackten Leben inmitten der Natur. Danach war es aus mit der Freundschaft. Die Frau und die Schlange sind seither verfeindet.

Das weibliche Geschlecht ist einigermaßen nachtragend. Die Verarschung mit dem Baum der Erkenntnis ist immerhin Millionen von Jahren her. Und trotzdem meiden viele Frauen noch heute den Kontakt mit der Schlange. Meine Freundin Doris hasst „Brehms Tierleben“, weil darin eine Kobra abgebildet ist, die das Maul aufreißt. Und eine Bekannte meiner Mutter droht dieser Tage, ihren Verstand zu verlieren, weil sich ihr Sohn Holger eine Streifennatter anschaffen will.

Auch die Schlange hat Grund, auf die Frau böse zu sein. Schließlich hat Eva ihr die Schuld in die, äh, Schuhe geschoben. Das endete auch für die Schlange in einem unguten Zustand. Auf dem Boden solle sie kriechen und Staub fressen, verfügte Gott. Vielleicht gibt die räumliche Nähe zwischen Holgers Mutter und Streifennatter Gelegenheit, den Streit beizulegen. Was kann Holgers Streifennatter dafür, dass die Urschlange Eva böse hinters Licht geführt hat? Nach einer Versöhnung können sie sich in Freundschaft vereint anderen tierischen Feindbildern zuwenden. Der Spinne zum Beispiel. CLAUDIA LEHNEN