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Archiv-Artikel

ThyssenKrupp vor heißem Herbst

Trotz Rekordgewinn will ThyssenKrupp Personal einsparen. Die Betriebsräte wollen die angekündigte Kürzungen nicht mittragen und haben Verhandlungen abgebrochen. Nun droht Streik

VON KLAUS JANSEN

Bundespräsident Horst Köhler war da. Ministerpräsident Peer Steinbrück auch. Wer als Politiker etwas auf sich hält, besuchte in den vergangenen Tagen den Ideenpark „Zukunft Technik entdecken“ der Firma ThyssenKrupp in Gelsenkirchen. Doch weder Streicheleinheiten der Polit-Promis, noch ein erwarteter Rekordgewinn von 1,5 Milliarden Euro in diesem Geschäftsjahr können darüber hinwegtäuschen, dass ThyssenKrupp Ärger droht: Die Beschäftigten sind nicht bereit, betriebsbedingte Kündigungen im Zuge des von der Geschäftsführung angekündigten Sparkonzepts „Projekt 2006“ mitzutragen.

„Wenn die erste betriebsbedingte Kündigung auf unserem Schreibtisch liegt, geht an all unseren Standorten der Riemen von der Orgel“, sagt Wilhelm Segerath, Betriebsratsvorsitzender der ThyssenKrupp Stahl AG. Die Verhandlungen mit der Unternehmensspitze hat der Betriebsrat zunächst unterbrochen. „Jetzt ist erstmal Spielstopp“, sagt Klaus Wittig, der stellvertretende Vorsitzende der Vertrauenskörperleitung im Unternehmen. „Solange Thyssen nicht das gesamte Paket auf den Tisch legt, reden wir nicht.“

Thyssen hatte bislang nur wenige Einzelheiten des „Projekt 2006“ bekannt gegeben. Klar ist, dass der Konzern jährlich 240 Millionen Euro einsparen will: 80 Millionen beim Personal, 160 Millionen Euro in anderen Bereichen. Bis zu 1.350 Arbeitsplätze sind durch die Pläne gefährdet, in Frage steht auch die Zukunft einer Walzstraße in Bochum. Zudem will Thyssen die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich auf nur noch 33,6 Stunden pro Woche kürzen. Die Arbeitnehmer befürchten, dass weitere Einschnitte folgen: „Noch hat Thyssen nicht gesagt, wo die anderen 160 Millionen eingespart werden sollen. Dabei darf nicht noch einmal Personal betroffen sein“, sagt Vertrauensmann Wittig.

Unternehmenssprecher Dietmar Stamm versucht, die Arbeitnehmer zu beruhigen. „Es hat in unserem Unternehmen Tradition, Einsparungen sozialverträglich vorzunehmen“, sagt er. Es bleibe bei der Faustformel „ein Drittel Personalkosten, zwei Drittel Sachkosten“. Die Kürzungen seien trotz des guten Geschäftsergebnisses notwendig, um zukünftig mit der internationalen Konkurrenz Schritt halten zu können. „Die Betriebsräte können dafür sorgen, dass wir zu gemeinsamen Lösungen kommen, wenn sie beispielsweise der Arbeitszeitverkürzung zustimmen würden“, sagt Stamm.

Wilhelm Segerath will davon allerdings nichts wissen. Er wirft der Unternehmensleitung vor, sich nach den angekündigten Sparpaketen bei Siemens, Daimler, VW und Opel einen bundesweiten Trend zunutze machen zu wollen: „Die halten ihre Nase in den politischen Wind und verkennen, dass in der Stahlbranche die Situation eine völlig andere ist“, sagt er. Reden könne man zwar über kürzere Arbeitszeiten, aber nur bei vollem Lohnausgleich, auch eine Wiedereingliederung bislang ausgelagerter Arbeitsgänge sei durchaus positiv. „Wir waren immer offen für Zukunftssicherung und hoffen, dass der Vorstand mit sich reden lässt“, sagt er. Für den Fall, dass die Argumente der Belegschaft die Geschäftsführung nicht überzeugen können, lässt Segerath aber schon einmal die Muskeln spielen: „Wir haben bei uns zum Glück noch einen gewerkschaftlichen Organisationsgrad von über 90 Prozent. Zur Not werden wir die Ärmel hochkrempeln“, sagt er.