: Wo sind all die Wohnungen?
Der Markt wird eng, die Mieten steigen. Gerade für Geringverdiener wird ein Wohnen in der Hansestadt zu teuer. Denn immer mehr Wohnungen fallen aus der Mietpreisbindung heraus. Immerhin hat der Senat jüngst die Anzahl der Sozialwohnungsneubauten von 650 auf 1.000 erhöht
Hamburg kommt seinem Bevölkerungswachstum nicht hinterher: Es gibt zu wenig neue Wohnungen. Die damit einhergehende Mietensteigerung trifft besonders Geringverdiener. Zusätzlich zum ohnehin knappen Wohnungsmarkt fallen jedes Jahr mehr Sozialwohnungen weg als neue hinzukommen. Und auch die sonst günstigen SAGA-Bauten werden teilweise zu teuer. Wo steuert die Hansestadt hin?
Der SPD-Stadtentwicklungsfachmann Andy Grote spricht von „Fehlschlägen des Senats in der Wohnungsbaupolitik“. Die letzte städtische Bauoffensive hätte bis Ende vergangenen Jahres 1.000 neue Wohnungen auf öffentlichem Grund hervorbringen sollen. Tatsächlich seien bislang gerade einmal 383 gebaut worden. Bei einem jährlichen Bedarf von 5.000 bis 8.000 neuen Wohnungen sei 2007 mit nur 3.173 Neubauten ein Rekordtief seit Jahrzehnten erreicht worden. SAGA-Sprecher Mario Spitzmüller rechtfertigt die geringen Neubauaktivitäten des größten Hamburger Wohnungsunternehmens so: „Unser Schwerpunkt liegt aktuell bei Modernisierungen“.
Das ist an sich begrüßenswert: Der Wohnkomfort steigt und die Energiekosten sinken in der Regel. Allerdings darf dann auch die Miete erhöht werden. Dies könne laut Mietervereinen bis zu drei Euro pro Quadratmeter sein – für viele Mieter eine finanzielle Herausforderung. Wenn man dann unterm Strich 150 Euro mehr Miete zahle, brächten einem die geringeren Heizkosten auch nichts. Da helfe es auch nicht, wenn Spitzmüller auf die ansonsten recht niedrigen Mieten der SAGA verweise. Denn Mieten von SAGA-Neubauten orientieren sich in der Regel am hohen Hamburger Mietspiegel.
Auf noch ein anderes Problem weisen Mietvereine hin: Hamburgs Einwohner verdienten mittlerweile so wenig, dass 14 Prozent ihre Miete nicht mehr selber oder nur zum Teil aufbringen könnten. Die SAGA müsse daher mehr denn je die bestehenden geringen Mieten hüten. So wie das auch in den meisten Genossenschaften schon passiere. Die würden oft auf Mieterhöhungen bei Modernisierungen verzichten. Teilweise bauten sie sogar mehr neue Wohnungen als Hamburgs städtisches Wohnungsunternehmen. Sowohl der Verzicht auf krasse Mietanhebungen als auch der Einsatz für mehr Neubauten stünden der SAGA gut zu Gesicht.
Der Mangel an günstigem Wohnraum ist das eine. Das andere ist die schrumpfende Zahl an Sozialwohnungen. In Zahlen: Vor etwa 30 Jahren hatte Hamburg noch ungefähr 400.000 davon. Letztes Jahr gab es noch knapp 109.000 klassische Sozialwohnungen.
Seit mehr als 50 Jahren sorgen diese dafür, dass verschiedenste so genannte Bedarfsgruppen sich das Wohnen in Hamburg leisten können – quasi Wohnraum für die Bedürftigen unter den Bedürftigen. Betreute Wohnungen für ältere Menschen, rollstuhlgerechte Bauweise, Studentenwohnheime und nicht zuletzt Geringverdiener stehen im Fokus des sozialen Wohnungsbaus. SAGA-GWG und die rund 50 Hamburger Genossenschaften hielten 2007 noch zirka 72 Prozent des Gesamtbestands – das entspricht in etwa 85.000 Wohnungen. Die Anzahl aller Wohnungen in ganz Hamburg beläuft sich zurzeit auf rund 883.000.
Bezüglich der SAGA-Sozialwohnungen hat der SPD-Abgeordnete Andy Grote Grund zum Meckern: Unmittelbar nach Auslaufen der Sozialbindung werde die Miete regelmäßig fast zur Gänze um das gesetzliche Limit von 20 Prozent erhöht. Bei 2174 SAGA-Wohnungen lief 2007 die Sozialbindung aus, bei knapp zwei Dritteln der Wohnungen wurde die Miete um 18 bis 20 Prozent angehoben. Die Hamburger SPD beklagt: Die frühere Kernfunktion des sozialen Wohnungsbaus, preiswerten Wohnraum für Gering- und Normalverdiener bereitzustellen, werde nicht mehr wahrgenommen.
Die Anzahl der Sozialwohnungsneubauten erhöhte der Senat jüngst von 650 auf 1.000 Stück. Matthias Kock von der Baubehörde begrüßt dies sehr, auch wenn er noch Verbesserungspotential bei der Versorgung von beispielsweise geistig Behinderten sieht. Kock ist optimistisch, die 1.000 Neubauten 2009 auf den Weg zu bringen. Im Vergleich zu den Vorjahren (2008: 479; 2007: 586) wäre das ein großer Sprung. Im Gegenzug werden Ende 2009 knapp 5.000 Wohnungen aus ihrer Mietpreisbindung fallen. CHRISTOPHER OST