Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Was wäre, wenn Wendla Teusch plötzlich vor Dieter Bohlen stünde. Vielleicht ist der ja sogar der Mann, an den sich die Frau vor dem Gesangswettbewerb in Theresia Walser Monolog „Kleine Zweifel“ wendet. Doch als Walser das Stück 1996 schrieb, hatte Bohlen die Republik noch nicht mental verseucht und sogar simple Joghurtbecher durch den Aufdruck seines Porträts in Sondermüll verwandelt. Vielleicht klingt der Theatertext gerade deshalb so hellsichtig, der ab Freitag in der Vagantenbühne zu sehen ist. Auch sonst beherrscht den Spielplan der kleineren Bühnen in dieser Woche die merkwürdige Verunsicherung zwischen den Geschlechtern durch die Rückkehr des Machismus ins Verhältnis derselben. Nehmen wir zum Beispiel Karl, der eine junge Selbstmörderin rettet und dadurch in den Strudel von Wirklichkeit und Fiktion, Macht- und Angstspielen gerät. „Komm! Schlaf am See“ heißt das Stück der jungen Tine Rahel Völcker, das die Theaterdiscounter im Telegrafenamt Monbijoustraße uraufführen, Premiere Mittwoch. „Die Frau ist die Werkbank der Liebe“ nennt das Theaterhaus Mitte seine neue Produktion nach Texten von Daniil Charms und Aleksander Wedenskij. Da redet beispielsweise einer namens Puschkow wie Georg Gafron, der am Wochenende in der taz schreiben durfte, dass er die Frauenbewegung mag, weil sie rhythmisch ist. „Batsch, batsch, batsch“, schreibt Puschkow-Erfinder Charms und Puschkow kriegt eine geknallt, dass er „wie gemäht“ umfällt. So einfach ist das manchmal. Was zwei Ausbrecher mit einem biederen Ehepaar machen, erzählt das Stück „No. 12 Cul-de-Sac“ nach einem Film von Roman Polanski. Im Saalbau Neukölln inszeniert Rüdiger Walter Kunze diese bitterböse Parabel über die Kommunikationsstörungen der bürgerlichen Gesellschaft als Studie über das Entstehen von Gewalt.