: Der atomare Wendehals
Bruno Thomauske genehmigte sieben Atommüll-Zwischenlager. Jetzt ist er Prokurist bei Vattenfall. Anti-Atom-Bewegung fordert, die erteilten Genehmigungen zu revidieren
BREMEN taz ■ Sein Gesicht dürfte vielen AKW-AnliegerInnen noch vom Erörterungstermin in Erinnerung sein. Als Leiter der Projektgruppe beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter, in deren Hand die Genehmigung geplanter Atommüll-Zwischenlager an den AKW-Standorten liegt, reiste Bruno Thomauske in den letzten zwei Jahren durch die Republik. Zigtausende von Einwänden gegen die Castor-Hallen hatten deren GegnerInnen vorgebracht: Unzureichender Schutz gegen Terror, keine Filter in den Lüftungsschlitzen, kein definierter Zeitpunkt, zu dem der abgestellte Atommüll weggebracht werde. Bruno Thomauske diskutierte, erörterte – und genehmigte. Für sieben Castor-Hallen gab das BfS bisher sein Okay.
Jetzt hat Thomauske die Seiten gewechselt. Statt bei der Aufsichtsbehörde BfS arbeitet er ab sofort als Prokurist bei Vattenfall Mining und Generation und der Vattenfall-Tochter Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW). Die betreibt zusammen mit E.ON unter anderem die AKWs Brunsbüttel, Krümmel, Brokdorf und Stade. „Ein ganz normaler Wechsel“, sagt BfS-Sprecher Volker Schäfer.
Die Gegner der Zwischenlager sehen das anders. Sie werfen Thomauske Befangenheit vor. Eine „heiße Zelle“ an jedem Zwischenlager etwa, in der defekte Castor-Behälter repariert werden könnten, habe er abgelehnt, sagt Helga Rinsky von der „Aktion Z“ gegen das Zwischenlager am AKW Unterweser. Thomauskes Argument: Die Sicherheitseinrichtung sei den AKW-Betreibern aus Kostengründen nicht zumutbar. Und das BfS-Gutachten zur angeblichen Flugzeugabsturz-Sicherheit, so Rinsky, habe den in Bau befindlichen Airbus 380, der doppelt so viel Kerosin wie heutige Flieger tanken könne, schlicht nicht berücksichtigt. Die unter Thomauskes Ägide erteilten Genehmigungen müssten daher gekippt werden.
Man habe Thomauske sofort mit anderen Aufgaben betraut, als dieser die Behörde im Sommer über seinen bevorstehenden Wechsel in die Atomwirtschaft informierte, heißt es im BfS. Der Hamburger Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit, der im Auftrag von BUND und Bürgerinitiativen eine Klage gegen die Zwischenlager im niedersächsischen Grohnde und Lingen vorbereitet, lässt das nicht gelten. Wer nämlich einen lukrativen Prokuristen-Posten bei einem Konzern wie Vattenfall übernehme, ist Wollenteit überzeugt, habe das „von langer Hand vorbereitet“. Und Gelegenheit dazu dürfte Thomauske im Zuge der Genehmigungsverfahren genug gehabt haben. ARMIN SIMON