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Archiv-Artikel

Eine deutsche Uni für Ägypten

Bundeskanzler Schröder eröffnet am Sonntag in Kairo die erste Auslandsuniversität. An der privaten Hochschule sollen einmal 4.800 Studenten ausgebildet werden. Das Projekt ist auch eine versteckte Green-Card-Initiative der deutschen Partner-Unis

„Die deutschen Lehrer werden streng sein und keinenHumor haben“

aus Kairo KARIM EL-GAWHARY

Es wird eine Premiere für das deutsche Bildungssystem. Dementsprechend prominente Namen finden sich auf der Gästeliste für die Eröffnungsveranstaltung. Am Sonntag wird Bundeskanzler Gerhard Schröder zusammen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak in Kairo die erste komplette deutsche Auslandsuniversität einweihen.

Fast 700 Studenten werden kurz darauf an der privaten Universität mit ihrem Studium beginnen. Am Ende sollen es bis zu 4.800 sein, die in den Fächern Informations- und Medientechnologie, Pharmakologie, Biotechnik, Management-Technologie und Materialwissenschaften ausgebildet werden.

Buchstäblich aus dem Sand gestampft wurde der Komplex im letzten Jahr am östlichen Stadtrand Kairos. Und direkt hinter der Universitätsmauer sagen sich auch heute noch die Wüstenfüchse gute Nacht. In dieser Woche wird überall noch letzte Hand angelegt, gehämmert, gebohrt und Kabel verlegt. Schließlich sollen sich die Studenten ab nächster Woche an jedem Ort auf dem Campus mit ihrem Laptop per Infrarot-Anschluss ins weltweite Netz einklinken können. Bis dahin soll alles blitzblank sein und funktionieren, sagt Professor Aschraf Mansour, der ägyptische Initiator des Projektes. Er sieht das Ganze auch „als ein Schaufenster Deutschlands“.

Mansour ist sichtlich stolz auf das Geleistete. „Das Gebäude, in dem wir sitzen, stand vor vier Monaten noch nicht“, erzählt er. Ursprünglich wollte der an der Universität Ulm habilitierte Materialwissenschaftler deutsche Wissenschaftskultur nach Ägypten bringen. Aber als er 1994 mit der Idee zu spielen begann, sagt er, habe er nicht viel mehr als eine Vision gehabt, die er dann Stück für Stück verwirklichte. Nachdem die Universitäten Ulm und Stuttgart sich bereit erklärt hatten, Lehrpläne auszuarbeiten, deutsches Lehrpersonal bereitzustellen und die Studienqualität zu kontrollieren, fand Mansour genug ägyptische Investoren für den Bau der Universität. Später konnte er auch die Universitäten Tübingen und Mannheim für die Zusammenarbeit gewinnen. Und als die Universität durch ein ägyptisches Präsidialdekret als zweite ausländische Hochschule neben der Amerikanischen Universität ihre Lizenz erhielt, wusste Mansour, dass er es geschafft hatte.

Die „German University in Cairo“ war geboren. Wie der Name schon zeigt, ist es keine herkömmliche deutsche Hochschule. Lehrsprache ist Englisch. Wer hier am Ende einen Abschluss gemacht hat, kann dann dank einem internationalen Bewertungssystem jederzeit auf andere Universitäten in Europa oder den USA wechseln. Ein System, an dem sich auch so manche Universität in Deutschland eine Scheibe abschneiden könnte, wie der Ulmer Universitätsrektor Professor Hans Wolff bei der Grundsteinlegung im Oktober 2001 anmerkte.

Dass das Ganze keine Einbahnstraße, sondern auch eine versteckte Green-Card-Initiative ist, darauf legten sowohl er als auch sein Rektorkollege aus Stuttgart, Professor Dieter Fritsch, Wert. Schließlich kämpften die deutschen Universitäten darum, dass die guten Wissenschaftler in der universitären Forschung nicht von der Industrie abgezogen werden, sagte Fritsch. Die deutsche Universität in der ägyptischen Hauptstadt sei nicht nur ein Transfer deutschen Know-hows nach Kairo, sondern gebe seiner Universität Stuttgart auch die Möglichkeit, von dort in Zukunft gute Fachkräfte zu rekrutieren, die später auch für die deutsche Industrie zur Verfügung stünden. Deutscher „Brain Gain“ aus dem Ausland – das ist es, was die beiden Rektoren anstreben.

Ahmad Mustafa Abu Hassan ist einer der Hoffnungskandidaten. Er gehört zu den 700 Studenten, die unter 3.800 Bewerbern für das erste Semester in Kairo ausgewählt wurden. Seine Eltern können sich die bis zu 5.000 Euro hohen Studiengebühren der Eliteschmiede leisten. Das ist halb so viel, wie ein Studium an der Amerikanischen Universität in Kairo kostet, und allemal billiger als ein Auslandsstudium. Ahmad war außer in Saudi-Arabien noch nie im Ausland. Vor der Einschreibung hat er noch nie mit einem Deutschen geredet. „Die Leute sagen, diese deutschen Lehrer werden streng sein und keinen Humor haben“, erzählt er. Aber das werde schon irgendwie gehen. Schließlich wollte Ahmad schon immer ganz nach oben. Sein Berufswunsch als Kind war es, Präsident zu werden, sagt er lachend, jetzt begnügt er sich zunächst einmal damit, Management-Technologie zu studieren.

Auch wenn die Universität lange vor dem 11. September 2001 geplant worden ist, die Anschläge haben ihr eine neue Bedeutung gegeben. Der Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, Christian Bode, zitierte bei der Grundsteinlegung Alexander von Humboldt: „Gefährlich ist die Weltanschauung der Leute, die sich die Welt nie angeschaut haben.“