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Archiv-Artikel

Geld regiert die ivorische Rebellenwelt

Wie aus einem missglückten Bankraub in der Rebellenhauptstadt der Elfenbeinküste eine politische Krise wurde

BERLIN taz ■ Am Anfang stand ein Banküberfall. Räuber zwängten sich am Mittwoch letzter Woche durch die Ventilationsschächte der wichtigsten Bank im Rebellengebiet der Elfenbeinküste und griffen sich säckeweise Geld. Als Wachleute vor der Filiale von Westafrikas Zentralbank BCEAO in der Stadt Bouaké sie störten, flohen sie und verstreuten haufenweise Geldscheine. Das sprach sich herum in der Hauptstadt der Rebellenbewegung MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste). Also beschlossen junge MPCI-Rekruten am Freitag auf eigene Faust, sich das liegen gelassene Geld zu holen. Das Ergebnis waren Feuergefechte mit mindestens 23 Toten rings um das Bankgebäude. Am Samstag bezogen mehrere hundert französische Soldaten Stellung im Stadtzentrum und riegelten die Bank ab, während die MPCI eine Ausgangssperre verhängte.

Man habe „in Absprache mit dem Präsidenten“ gehandelt, erklärte die französische Truppenführung zu ihrem Einsatz. Damit wurde aus dem missglückten Banküberfall eine politische Krise. Denn bisher war Frankreichs rund 5.000 Mann starke Interventionstruppe in der Elfenbeinküste nur im Regierungsgebiet und entlang der Waffenstillstandslinie stationiert, die das Land in zwei Hälften teilt. Jetzt stand sie plötzlich mitten in der Hauptstadt der Rebellen und berief sich dabei auf eine Erlaubnis des von den Rebellen bekämpften Präsidenten Laurent Gbagbo.

Kein Wunder, dass Teile der MPCI darin eine Ouvertüre zu neuem Krieg witterten. Auf den wartet die gesamte Elfenbeinküste, seit Gbagbo Mitte September im Alleingang die Schlüsselministerien für Inneres und Verteidigung in der amtierenden Allparteienregierung besetzte und die Rebellen daraufhin ihre Ministerposten niederlegten.

Um die Wogen zu glätten, gingen Franzosen und Rebellen in Bouaké gemeinsam auf Patrouille. Doch am Dienstag brachen in der Halbmillionenstadt erneute Schießereien aus. Angeblich war den „Leoparden“ des wichtigsten MPCI-Feldkommandanten Chérif Ousmane der Zugang zu einer Kaserne verwehrt worden. Nun wird spekuliert, ob hier Differenzen innerhalb der Rebellion über die weitere Teilnahme am Friedensprozess mit der Waffe ausgetragen werden.

Gerüchten zufolge sind jetzt Rebellen aus anderen Städten nach Bouaké unterwegs. Aber der Grund muss nicht politisch sein. Der Bankraub war ja immerhin ein halber Erfolg. Der Beweis: Seit einer Woche machen Bouakés Handy- und Motorradverkäufer glänzende Umsätze.

DOMINIC JOHNSON