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Archiv-Artikel

Mädchenheim statt Kinderkuren

CDU-Fraktion verlangt „sehr, sehr“ verbindliche Unterbringung für gewalttätige Mädchen und junge Prostituierte. „Mehrere Dutzend Plätze“ in spezieller Einrichtung außerhalb Hamburgs geplant, aber kein Mädchenknast

von Kaija Kutter

„Ich möchte nicht, dass der Staat akzeptiert, dass ein zwölfjähriges Mädchen sich prostituiert“: Mit diesem Satz brachte der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Hesse gestern sein jüngstes Anliegen auf den Punkt. Zwar wisse er „auch nicht, ob der Ansatz erfolgversprechend ist“, forderte aber dennoch im Namen seiner Fraktion, Hamburg möge außerhalb der Stadt ein neues Heim für Mädchen unter 16 Jahren schaffen, bei denen eine „Kindeswohlgefährdung“ durch Prostitution oder wiederholte Begehung von Straftaten besteht. Ein entsprechender Antrag soll noch im September in die Bürgerschaft eingebracht werden. Hesse erwartet, „dass die Sozialbehörde dann binnen eines halben Jahres ein Konzept vorlegt“.

Von der Dimension her soll dass neue Heim die geschlossene Unterbringung für Jungen in der Ohlsdorfer Feuerbergstraße weit überschreiten. Hesse geht von „mehreren Dutzend Plätzen“ aus. Juristisch gesehen soll es sich aber nicht um eine geschlossene Einrichtung handeln. Zum einen sei dies bei Mädchen nicht nötig, zum anderen sei eine juristische Verfügung durch Familiengerichte noch schwerer zu erlangen.

Dennoch schwebt der Union eine „sehr, sehr verbindliche“ Unterbringung vor, in der sich die Mädchen aufhalten müssen, wenn es Eltern oder Vormund so festlegen. Es sei „Aufgabe von Polizei und Familieninterventionsteam, Mädchen aus solch einer Situation herauszuholen und in die Einrichtung zu bringen“.

Hesse sprach auch von einer steigenden Anzahl „gewalttätiger“ Mädchen, da sich die Zahl der Verurteilungen in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt habe. Da die Mädchen ebenso wie die Prostituierten in ihrer Kindheit oft traumatisiert worden seien und beide Gruppen eine geregelte Struktur und schulische Erfolge bräuchten, sei es sinnvoll, für sie ein gemeinsames Hilfskonzept zu erarbeiten.

Ausdrücklich lobte der Christdemokrat die Arbeit der niedrigschwelligen Hilfsangebote KIDS und Café Sperrgebiet am Hauptbahnhof und forderte, es müsse ausgeschlossen werden, dass diese durch die geplante Kürzung von je 50.000 Euro ihre Leistungen einschränken müssen. Da sie jedoch oft erst ältere Jugendliche erreichten, sei die frühe Intervention nötig.

„Der CDU-Antrag liegt voll auf unserer Linie“, sagte Behördensprecher Oliver Kleßmann. Und auch die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers unterstützt die Idee: „Es ist richtig, dass Hamburg ein Angebot fehlt“, sagte sie. Die Sozialbehörde habe es versäumt, ein Konzept vorzulegen, das „höchsten Ansprüchen genügt“.

Die GAL-Politikerin Christiane Blömeke möchte hingegen erst mal genauer wissen, was mit „sehr, sehr verbindlicher Unterbringung“ gemeint ist. „Ich vermute, dass es doch eine Umschreibung für geschlossene Unterbringung ist“, sagt Blömeke. Da diese bereits bei den Jungen nicht erfolgreich sei, sei es „erstaunlich“, mit welcher Hartnäckigkeit die CDU die Idee des Einsperrens verfolge.

Insbesondere für drogenabhängige Prostituierte bräuchte man zunächst eine niedrigschwellige Beratung, wie sie das Café Sperrgebiet „sehr gut leiste“. Blömeke möchte zudem gerne wissen, wie das Heim finanziert werden solle. Doch hier hat Hesse keine Sorgen. Er „wünscht“ sich, dass sich die Rudolf-Ballin-Stiftung als Träger bewirbt.

Da würde die CDU zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Denn deren Kinderkuren sollen weggespart werden – da wäre dann doch Platz in den leer stehenden Heimen.