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Putin-Freundschaft macht Grüne ratlos

Der Kanzler zeigt sich von der Kritik an seiner Russlandpolitik unbeeindruckt. Damit die Differenzen innerhalb der Koalition nicht noch deutlicher zutage treten, wünschen sich Grünen-Politiker, Gerhard Schröder möge „manchmal besser schweigen“

VON LUKAS WALLRAFF

Es ist noch nicht lange her, da schien der Kaukasus weit weg. Wenn sich deutsche Politiker überhaupt zur Lage in und um Tschetschenien vernehmen ließen, landeten ihre Äußerungen meist nur im Kleingedruckten. Diese Zeiten sind seit dem Massaker an Schülern in Beslan vorbei. Was Menschenrechtler lange vergeblich eingefordert hatten – endlich mehr Aufmerksamkeit für einen verdrängten Krieg und seine Folgen – bringt die rot-grüne Koalition in Berlin zunehmend in Schwierigkeiten.

Die Angriffe der Opposition, die der Regierung menschenrechtspolitische Einäugigkeit und zu große Zurückhaltung gegenüber Russlands Tschetschenienpolitik vorwirft, sind dabei noch das geringste Problem. Das kann man als „Wortgeklingel“ abtun, wie es der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen tut. „Je größere Worte sie wählen“, sagt er über Angela Merkel und Guido Westerwelle, „desto kleiner werden ihre Argumente.“ Ihre Kritik, so Weisskirchen zur taz, ziele „nicht auf die Substanz, sondern auf die Form“ der deutschen Russlandpolitik. Einen radikalen Kurswechsel, etwa Sanktionen gegen Russland oder ein Ende der Zusammenarbeit mit Putin, fordere ja niemand.

Das Hauptproblem für Rot-Grün liegt in der eigenen Verwirrung. Mit dem rapide gestiegenen Wahrnehmungspegel für das Tschetschenienproblem werden auch die Meinungsunterschiede und die wachsende Ratlosigkeit innerhalb des Regierungslagers offensichtlich. Rot-Grün fällt es immer schwerer, die Diskrepanz zwischen dem betont russlandfreundlichen Kurs des Kanzlers und den russlandkritischen Stellungnahmen aus den eigenen Reihen zu erklären. Der übliche Hinweis auf die „unterschiedlichen Funktionen“, also auf die traditionelle Rollenverteilung zwischen diplomatischen Regierungsmitgliedern und offenherzigeren Abgeordneten, genügt nicht mehr, wenn die Bewertungen der russischen Tschetschenienpolitik wie in dieser Woche zu weit auseinander klaffen. Am Donnerstag, also am selben Tag, an dem Gerhard Schröder erneut demonstrativ seine Verbundenheit mit Russlands Präsident Wladimir Putin in einer gemeinsamen deutsch-russischen Erklärung dokumentierte, kritisierte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, in einer Pressemitteilung die „erfolglose und verfehlte Kaukasuspolitik Russlands“. In der selben Bundestagsdebatte, in der Schröder am Mittwoch abermals deutlich machte, dass er nicht gewillt ist, seine Haltung gegenüber Putin zu ändern, forderte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die russische Regierung müsse die Wahl ihrer Mittel gegen den tschetschenischen Widerstand „überprüfen“.

Dass diese Unterschiede zum Glaubwürdigkeitsproblem für die Regierung werden, ist den Beteiligten durchaus bewusst. „Wir müssen in der Koalition zu einer einheitlicheren, weniger widersprüchlichen Position kommen“, sagte Nachtwei der taz. Nur wie? „Ich weiß es nicht“, räumte der Grünen-Politiker ein. Kritik an Putin künftig zu unterlassen, komme für ihn nicht in Frage. Einen besseren Gleichklang könne es also nur geben, „wenn der Kanzler auf die Nur-Solidarisierung verzichten würde“, so Nachtwei. Es sei zwar klar, dass Schröder Putin öffentlich nicht direkt kritisieren könne. Es komme aber darauf an, „wie stark man sich hinter jemanden stellt“. „Manchmal“, wie bei der Einschätzung der Wahl in Tschetschenien, wäre es „besser zu schweigen, als Putin auch noch ausdrücklich zu unterstützen“.

Solange er dies aber tut, das wissen die Grünen, bleibt auch ihrem Außenminister Joschka Fischer nichts anderes übrig, als Schröder (und damit Putin) zu verteidigen. Zu klar, heißt es beim kleinen Koalitionspartner, habe der Kanzler Russland „als sein Revier markiert“. Aus Sicht der SPD ist das durchaus in Ordnung. Sozialdemokrat Weisskirchen hält es auch für richtig, dass sich Schröder öffentlich stets hinter Putin stellt. Nur so könne er Einfluss nehmen: „Irgendeiner muss doch die Chance haben, an Putins Ohr zu dringen.“

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