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Archiv-Artikel

Kindeswohlgefährdung schien gebannt

Der Großvater von Lara bleibt bei seinen Vorwürfen gegen das Jugendamt. Dieses habe sich nicht gekümmert. Er selbst sah seine Enkelin zuletzt eine gute Woche vor ihrem Tod und war durch ihr äußeres Erscheinungsbild nicht alarmiert

Nach der Sitzung des Jugendhilfeausschuss Mitte zum Fall Lara sind die Journalisten nicht schlauer als vorher. Aus Gründen des Datenschutzes hatte Sozialdezernentin Christa Marias Ruf sogar weniger Details bekannt gegeben als zuvor die Pressestelle. Und so wurde nicht wiederholt, dass die Betreuerin der Familie Lara noch eine Woche vor ihrem Tod besucht hatte und das Baby da noch lachte und aß. Wiederholt wurde nur, dass es Familienhilfe gab und der Träger Rauhes Haus sowie das Jugendamt korrekt gehandelt hätten.

Das sieht der Großvater der kleinen Lara anders, der vor dem Saal mit der Presse spricht. Er fühlte sich seinerzeit mit der Erziehung der schwangeren Tochter Jessica überfordert und schaltete Ende 2007 das Familiengericht ein. „Dem Gericht lagen Bilder vor vom Zimmer meiner Tochter. Das war nicht feierlich“, berichtet er. Die Richterin habe der Schwangeren gesagt: „Sollte es noch mal so aussehen in der Wohnung mit dem Kind, dauert es zehn Minuten, und das Kind ist draußen.“

Der Großvater ist enttäuscht, dass der Mann des Jugendamtes, der bei Gericht dabei war, später nie persönlich die Wohnung kontrollierte, obwohl er von der Richterin die Ordner hatte. „Er hat versprochen, auf Jessie aufzupassen.“

Doch das Jugendamt delegierte diesen Auftrag an das Rauhe Haus, das eine seit 20 Jahren im Umgang mit kleinen Kindern erfahrene Fachkraft daran setzte. „Zunächst war es der Auftrag, eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen“, berichtet der Sprecher des Rauhen Hauses, Uwe Mann van Velzen. „Da wurde ganz doll nach dem Kind geguckt.“ Dafür habe es in der Woche drei Hausbesuche gegeben, bei denen das Baby auch entkleidet wurde.

Die junge Familie habe sich so gut entwickelt, dass im September der Auftrag wegfiel. Nicht aus Spargründen, sondern weil zu enge Kontrolle Selbständigkeit behindert. Seither war die Betreuerin statt mit zehn mit fünf Wochenstunden engagiert. Mann van Velzen: „Sie war etwa eine halbe bis eine Stunde pro Woche in der Familie.“ Die restlichen Zeit habe sie die Familie bei Behördengängen begleitet und „Schreibtischarbeit“ erledigt, „weil es zum Beispiel Ärger mit der Arge gab“.

Die Mitarbeiterin verweigert vorerst die Aussage, da die Mordkommission ermittelt. Nur einem Tag vor ihr hatte der Großvater Lara zum letzten Mal gesehen. Ihm sei damals nichts aufgefallen, sagte er. „Das Kind war angezogen. Wie sollte ich da was sehen?“

Der NDR berichtete unterdessen, Laras Mutter habe zugegeben, die letzten Vorsorgeuntersuchungen für ihr Baby verpasst zu haben. Sie habe die Termine beim Arzt nicht wahrgenommen. KAIJA KUTTER