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Archiv-Artikel

Rezeption beim Landwirt

Immer mehr Bauernhöfe in NRW bieten individuelle Touristenprogramme – mit Erfolg. Senioren, Alternativurlauber aber auch Menschen mit Behinderungen entdecken den Urlaub auf dem Land

VON SALVIO INCORVAIA

Ob Wellness-Trip oder entspannender Arbeitsurlaub, ob Spargelstechen im Frühling oder Weinlese im Herbst – statt Kühemelken, Heuernten und frühes Aufstehen bietet der Urlaub auf Bauernhöfen in NRW mittlerweile ein breites Programm für Individualisten. Ein angestaubtes Urlaubsbild verändert sich.

„Einzelpersonen, Senioren und Familien mit Kinder – alle Geschmäcker kommen bei uns auf ihre Kosten“, weiß Else Bals. Die 60-jährige Bäuerin begann mit ihrem Mann Josef Bals vor 40 Jahren als eine der ersten Anbieter in NRW mit der Aufnahme von Urlaubsgästen. Mittlerweile kommen über das ganze Jahr verteilt Touristen, meist für vier bis sieben Tage. Rund 20 Gäste gleichzeitig kann die Familie Bals mittlerweile auf ihren Hof aufnehmen. Dabei setzt der Familienbetrieb wie andere Bauernhöfe in NRW auf immer neue, individuelle Angebote – mit Erfolg.

Landesweit können sich die Urlaubsangebote der Bauernpensionen inzwischen mit denen der großen Pauschalurlauberhotels messen. Die Branche wächst und mittlerweile bieten bundesweit über 20.000 Bauernhöfe –davon 624 in NRW – spezielle Ferien zwischen Acker, Stroh und Kuhstall.

Immer mehr Touristen reisen auch aus anderen Bundesländern sowie dem Ausland an. In der ersten Jahreshälfte 2004 waren die Übernachtungen in der Eifel und dem Sauerland fast restlos ausgebucht. „Wir beobachten in den vergangenen Jahren eine vermehrte Zunahme von Aktivitäten und Freizeitangeboten rund um den Bauernhof“, sagt Liselotte Raum von der Landwirtschaftskammer NRW zufrieden.

Der Grund dafür mag auch das immer breiter gefächertes Urlauberprogramm sein: Auch im Spätsommer und Herbstbeginn 2004 lassen sich die Höfe in NRW einiges einfallen. Wanderwochen (zu Fuß, per Rad, auf dem Pferd oder mit dem Boot), Weinlese-Wochenenden, Arbeiten auf Biohöfen oder das Verwöhnwochenende im Herbst.

Man könnte es auch als eine Spezialisierung des agrarischen Fremdenverkehrswesen bezeichnen: So legen die Landwirte am flachen Niederrhein und im Münsterland ihren Programmschwerpunkt aufs Reiten und Radwandern. In der Eifel, dem Bergischen Land sowie dem Sauer- und Siegerland bieten die Höfe thematische Wanderungen durch die Wald- und Berglandschaft an. Im Teutoburger Wald mit seinen vielen Heilbädern und Kurorten werden kombinierte Gesundheits- und Wellnessurlaube mit Hofaufenthalt angeboten. Auch Extras wie Übernachtungen im Heu oder Schlemmerurlaub zum Kennenlernen der regionalen Spezialitäten einer ursprünglichen Bauernküche gehören ebenso dazu.

Selbst Tennis, Golfen, Angeln oder Jagen sind bei vielen Höfen auch keine Seltenheit mehr. Die Art der Unterkunft ist dabei häufig frei wählbar: Zimmer werden genauso angeboten wie Appartements, auch zwischen Halb- oder Vollpension besteht oft die freie Wahl. Zusätzlich werden Spezialangebote für Senioren und rollstuhlgerechte Unterkünfte weiter ausgebaut. Immerhin 130 Betriebe in NRW bieten einen behindertengerechten Bauernhofurlaub für körperlich oder geistig behinderte Menschen an.

Auf einheitliche Qualitätsstandarts hat sich die Branche mittlerweile auch festgelegt. Urlauber können so vor Überraschungen bewahrt werden. Übernachtungsmöglichkeiten, Verpflegung und Programm werden durch mehrere anerkannte Gütesiegel bewertet. „Qualität und Zufriedenheit der Bauernhof-Gäste waren und sind uns besonders wichtig, gerade bei den unterschiedlichen Größen und den jeweiligen Spezialisierungen der Höfe“, sagt Christine Harrel vom Tourismusverband NRW zufrieden.

Auch im Spätsommer und Herbstbeginn 2004 lassen sich die Bauern in NRW wieder einiges einfallen: Trekkingwochen durchs Bergland, Weinlese-Wochenenden, Übernachtungen im frisch getrockneten Heu, Arbeiten auf Biohöfen, oder das Verwöhn-Wochenende im Herbst.

Auch der Bauernhof von Bals ist auf den nahenden Reiseherbst gut vorbereitet: „Wir nehmen regelmäßig neue Angebote in unserem Touristenprogramm auf. Den Stammgästen gefällt‘s. Sie kommen immer wieder“, sagt Else Bals stolz. Der Bauernhof wird mittlerweile von ihrem Sohn bewirtet und auch er plant einen weiteren Ausbau des Urlauberprogramms.