: Schlag ins Wasser
Keine Elbvertiefung: Entsetzen in Senat und Wirtschaft über Beschluss der Bundesregierung. Die fordert ein deutsches Hafenkonzept, weitere Naturschutzprüfungen und will dem grünen Umweltminister Trittin das letzte Wort überlassen
von Sven-Michael Veit
Da haben sie schwer zu schlucken. Er hätte sich über „ein deutlicheres Bekenntnis“ zur Elbvertiefung „gefreut“, ließ Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern aus dem fernen China ausrichten. „Zuversichtlich“ zeigte sich Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), dass dem Projekt „keine neue Hürde“ durch Umweltschutzprüfungen erwüchse, aufrichtig „enttäuscht“ ist hingegen CDU-Fraktionschef Bernd Reinert. Einzig Handelskammer-Präses Karl-Joachim Dreyer formuliert Klartext: „Die Vorbehalte der Bundesregierung gefährden tausende von Arbeitsplätzen, zusätzliche Gutachten zum Naturschutz machen keinen Sinn.“
Gegenstand ihres Unmuts ist die gestrige Weigerung des rot-grünen Bundeskabinetts, der Vertiefung der Unterelbe vorbehaltlos zuzustimmen. Dieses von Senat, CDU, SPD und Wirtschaft der Hansestadt vehement geforderte Projekt wurde lediglich als „nachrangig“ in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Eine Höherstufung könne erst erfolgen, wenn eine naturschutzfachliche Prüfung ergebe, dass keine schwerwiegenden Folgen für die Umwelt sowie für Deichsicherheit und Hochwasserschutz zu erwarten seien.
Damit wird die Ausbaggerung der Elbe von der Zustimmmung des grünen Umweltministers Jürgen Trittin abhängig gemacht. Zudem solle zusammen mit den norddeutschen Küstenländern ein nationales Hafenkonzept entwickelt werden, teilte Regierungssprecher Béla Anda gestern Mittag mit.
Mit diesem Beschluss folgt das Kabinett weitgehend der Position Trittins, die bereits im Vorfeld für heftige Aufregung unter Hamburgs Standortpredigern gesorgt hatte (taz berichtete). Der Umweltminister hatte sich dafür ausgesprochen, „mit Priorität“ einen neuen Tiefwasserhafen im niedersächsischen Wilhelmshaven zu bauen. In einem zu erarbeitenden Hafenkonzept sollten die „Perspektiven für die großen Containerhäfen“ – Hamburg und Bremen/Bremerhaven – sowie die sonstigen „regionalen Häfen“ definiert werden.
Angesichts von Umweltrisiken und der hohen Kosten von etwa 320 Millionen Euro, von denen der Bund drei Viertel tragen müsste, sei „der geplante Elbeausbau sehr eingehend“ zu prüfen. Damit hat Trittin sich nun gegen SPD-Verkehrsminister Manfred Stolpe durchgesetzt, der die Vertiefung von Elbe und auch Weser befürwortet.
Trotz des unübersehbaren Stopp-Signals aus Berlin machen die Hamburger auf Optimismus. Nun könne man „mit Detailplanungen beginnen“, hofft von Beust, auch SPD-Wirtschaftsexperte Ingo Egloff fürchtet „keine neuen ökologischen Bedenken“, die Hamburgs Stellung als „EU-Spitzenhafen und Verbindungshafen zur Ostsee“ gefährdeten. Richtig erfreut sind aber nur Hamburgs Grüne: „Das Kabinett hat“, sagt deren wirtschaftspolitischer Sprecher und Parteivize Jens Kerstan, „einen vernünftigen Beschluss gefasst.“
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