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Archiv-Artikel

Positiv statt deprimierend

Ab heute abend läuft „Les Petites Couleurs“ in den Bremer Kinos. Regisseurin Plattner verrät: „Wenn eine Frau etwas ändern will in ihrem Leben, dann geht sie zum Friseur“

Einer der Hauptreize des Kinos besteht darin, dass etwas gezeigt wird, was man sonst nie zu sehen bekommt. Welcher Mann weiß etwa schon, wie hoffnungsfroh und schön Frauen aussehen, wenn sie sich zum ersten Mal mit einer neuen Frisur sehen? Im Schweizer Film „Les Petites Couleurs“ gibt es eine lange Montage, in der viele solcher Augenblicke aneinander gereiht werden. Allein schon für diese Perlenschnur von Glücksmomenten lohnt es sich, ins Kino zu gehen.

Und ganz ähnlich strahlen auch die Augen der Regisseurin Patricia Plattner, als sie auf diese Sequenz angesprochen wird: „Ich kenne das ja auch von mir. Wenn eine Frau etwas ändern will in ihrem Leben, dann geht sie zum Friseur. Das war aber sehr mühsam zu drehen, denn die Frauen mussten ja vor diesen Einstellungen tatsächlich frisiert werden, und da musste das Drehteam immer lange warten.“

Der ganze Film hat eine positive, zärtlich ironische Grundstimmung. Dabei hätte er zu einem eher deprimierenden Sozialdrama werden können. Im Zentrum steht eine geschlagene und gedemütigte Frau. Die völlig verängstigte Christelle flieht mit einem großen Bluterguss unter dem Auge vor ihrem Mann und landet im Motel Galaxis, einer Absteige für Fernfahrer, wo sie von der Besitzerin Mona unter ihre Fittiche genommen wird. Dort findet sie Schutz vor ihrem Peiniger, Freunde, Arbeit und langsam auch immer mehr Selbstvertrauen.

Plattner: „Ich wollte die Geschichte einer Befreiung erzählen, in der eine Frau ihre Würde durch Solidarität wiederfindet.“

Christelle wird von Anouk Grinsberg verkörpert, und der bekannten französischen Schauspielerin gelingt es sehr glaubwürdig und intensiv, den Seelenzustand dieser Frau durch ihre Körpersprache zu vermitteln. „Sie spielt sonst meist viel glamouröse Rollen, aber sie ist sehr flexibel. Und Anouk gehört zur Schule des Actors Studio. Wenn sie mal in einer Szene weinen muss, dann weint sie schon in der ganzen Nacht vorher.“

Am witzigsten ist der Film immer dann, wenn die beiden Frauen zusammen eine Fernsehserie ansehen, die im Wilden Westen spielt, in der alle Dialoge gesungen werden. Sie ist so absurd und kitschig, dass man sie gerne tatsächlich im Fernsehen sehen würde, aber Patrica Plattner hat sie für den Film selber gedreht: „Zuerst wollte ich eine normale Telenovella machen, und eines nachts kam mir die Idee, es wäre doch ganz schön, wenn es eine Soap-Opera wäre, bei der alle Dialoge gesungen würden. Alle Freunde und Kollegen meinten, ich wäre verrückt und das würde nie klappen. Aber ich habe mir noch mal ,Die Regenschirme von Cherbourg‘ von Jacques Demy angesehen, in dem ja auch jedes Wort gesungen wurde, und dann wollte ich das unbedingt machen.“ Wilfried Hippen

Ab heute in der Schauburg (OmU)