: Ratten im Hasch-Rausch
Bremer Forscher gaben Ratten Cannabis und stellten fest: Jugendliche Rausch-Nager sind später nicht die hellsten. Schlussfolgerung: Auch jungen Menschen schadet Kiffen
Bremen taz ■ „Den Ratten war der Käse einfach wurst“, sagt Professor Michael Koch vom Institut für Hirnforschung der Universität Bremen. Zusammen mit der Doktorandin Miriam Schneider hatte er Ratten in deren Pubertät – im Alter von 40 bis 65 Tagen – regelmäßig Cannabis-Stoffe verabreicht und deren Langzeitwirkung auf die Tiere getestet. Das Ergebnis: Jene Ratten, die als Teenager regelmäßig berauscht wurden, waren als Erwachsene nicht gerade die hellsten. Die Forscher ziehen daraus den Schluss, dass es auch für Menschen schädlich ist, bereits in jungen Jahren zu kiffen, da bestimmte Gehirnfunktionen langfristig beschädigt würden. Möglicherweise verstärke der frühe Rausch sogar eine Veranlagung zur Schizophrenie, das heißt zu Wahrnehmungs- und Gedächtnisstörungen sowie zu Halluzinationen.
Ob Kiffen dumm macht, ist in der Forschung bislang umstritten. Untersuchungen an erwachsenen Cannabis-Konsumenten lieferten bisher keine Beweise dafür, dass Intelligenz oder Konzentration langfristig nachlassen. Dies bestätigt auch die Studie von Schneider und Koch: Jene Nager, die erst als Erwachsene Cannabinoide verabreicht bekamen, waren genauso plietsch wie ihre drogenfreien Altersgenossen – zumindest wenn der erste Rausch vorbei war.
Anders verhielt sich die Sache aber bei jenen Ratten, die schon in der Pubertät high waren: Noch Monate nach dem Cannabis-Genuss und schon längst erwachsen verhielten die Tiere sich seltsam: Konnten sich Gegenstände nicht merken, überhörten Töne und waren wenig ehrgeizig, einem Automaten so viel wie möglich Käse zu entlocken. „Sie hatten Defizite im Kurzzeitgedächtnis, in der Aufmerksamkeit und in der Motivation“, so Schneider. Erstaunlicher Weise verschwand dieses Verhalten, nachdem den Ratten ein Medikament gegen Schizophrenie verabreicht worden war. Ihr Umkehrschluss: Jugendlicher Cannabis-Konsum kann Veränderungen im Gehirn bis hin zur Schizophrenie verursachen.
Als Grund für dieses Phänomen vermuten Schneider und Koch, dass das Gehirn in der Pubertät – bei Menschen wie bei Ratten – besonders viele Rezeptoren hat, an denen die Cannabis-Stoffe andocken können. Im Laufe der Pubertät werden diese Rezeptoren weniger.
Die Forscher warnen daher vor unüberlegtem Cannabis-Konsum in jungen Jahren. Anders sehen sie die Sache im Fall von Krankheit, wo Cannabis lindern kann: „Da muss der Arzt abwägen“, meint Koch. „Ein schlechtes Gedächtnis ist natürlich eine geringe Störungen verglichen mit MS oder Aids.“ Dorothea Siegle