berliner szenen Am Winterfeldtplatz

Von 15 bis 16 Uhr

Gern hätte ich über den afroamerikanischen Tänzer geschrieben, der im vergangenen Jahr ganz versunken in seine Kopfhörer komplexe Choreografien inklusive gewagter Sprünge performte. Aber der Tänzer ist wohl weggezogen. Vielleicht nach New York. Oder an den Mauerpark.

Ich setzte mich ins Lades, das assimilierte türkische Restaurant mitten auf dem Platz, esse vorzügliche Köfte und schaue in den Strom der Begebenheiten. Während einem das Treiben rund um den Zebrastreifen den Vormittag über durchaus kleinstädtisch vorkommen kann, nimmt es nun eine großstädtische Färbung an. Nur ist das hier keine Großstadt, die nach dem Modell von „Berlin Alexanderplatz“ funktioniert. Es geht nicht um Massenhaftigkeit. Man entwickelt keine Gefühle des Überwältigtseins. Das Großstädtische wird am Winterfeldtplatz eher durch ein Flirren erzeugt, das sich aus der Verschiedenheit der Menschen ergibt. Ich würde mich ja nicht wundern, wenn dies der Ort wäre, an dem in Berlin die meisten unterschiedlichen Lebensentwürfe gelebt werden. Und der frühe Nachmittag ist die Zeit, da sich diese Lebensentwürfe treffen: Zu spät, das Frühstück noch weiter hinauszuziehen; zu früh fürs Vorabendprogramm. DIRK KNIPPHALS

(16 bis 17 Uhr: kommenden Freitag)