: Bluten für Manfred Kanther
Die CDU hat 21 Millionen Euro Staatszuschüsse zu Recht verloren, entschied gestern das Bundesverfassungsgericht. Der Vorwurf gegen Bundestagspräsident Thierse (SPD), er habe die Union für die Schwarzgeldaffäre zu hart bestraft, ist vom Tisch
AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH
Ein schwarzer Tag für die schwarze Partei, und das alles wegen ihrer schwarzen Kassen. Die CDU muss 21 Millionen Euro Staatszuschüsse an die Bundestagsverwaltung zurückbezahlen, weil sie im Jahr 1999 einen grob wahrheitswidrigen Rechenschaftsbericht abgegeben hat.
Gestern wies das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde der CDU gegen diese Sanktion ab. Das war die letzte Chance der CDU, der Zahlungspflicht doch noch zu entgehen. Der Rechtsstreit ist damit abgeschlossen.
Umgerechnet rund 9 Millionen Mark Vermögen fehlten im CDU-Finanzbericht für das Jahr 1999. Das Geld war schon 1983 von hessischen CDU-Verschwörern um den damaligen Landesvorsitzenden Manfred Kanther in Liechtenstein angelegt und dann peu à peu – getarnt als „jüdische Vermächtnisse“ – in die Landespartei zurückgeschleust worden. Kanther muss sich derzeit vor dem Landgericht Wiesbaden wegen Untreue verantworten.
Als Anfang 2000 der Schwindel aufflog, reagierte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) mit einer drakonischen Sanktion. Er strich der CDU alle Staatszuschüsse, deren Höhe sich an den Parteieinkünften bemessen: umgerechnet 21 Millionen Euro. Dabei berief er sich auf einen Passus im Parteiengesetz, wonach die Zuschüsse entfallen, wenn der Rechenschaftsbericht nicht fristgerecht eingereicht wird. Gemeint sei natürlich ein wahrheitsgemäßer Bericht. Die CDU konterte: Laut Gesetz komme es nur auf die Einhaltung der Frist an.
Im Jahr 2002 entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin gegen die CDU und gab Thierse Recht. Dagegen legte die CDU jedoch Verfassungsbeschwerde ein. Ihre Handlungsfreiheit und das Rechtsstaatsprinzip seien verletzt. Ohne Erfolg. Einstimmig wiesen die Verfassungsrichter die CDU-Klage ab, das OVG-Urteil sei eine zulässige Auslegung des Parteiengesetzes. Die Mehrheit im Zweiten Senat ging noch weiter: Thierse hätte das Geld gar nicht auszahlen dürfen. Der Staat ist „grundsätzlich nicht berechtigt“, eine Partei zu finanzieren, die falsche Rechenschaftsberichte einreicht, heißt es im gestrigen Beschluss. Die Pflicht zur Transparenz sei den Parteien nämlich schon im Grundgesetz vorgegeben.
Damit ist der CDU-Vorwurf an Thierse, er sei damals parteipolitisch motiviert gewesen, endgültig vom Tisch. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte gestern: Die Partei akzeptiere das Urteil, sei nun aber finanziell „stark beansprucht“ und müsse bei Wahlkämpfen entsprechend sparen. Schon im letzten Jahr hat die CDU mit Thierse allerdings einen Stundungs- und Tilgungsplan ausgehandelt. Danach hat die Partei bereits 2003 knapp 11 Millionen Euro zurückbezahlt. Die weitere Summe wird ratenweise bis 2007 fällig. In Wahlkampfjahren wie 2004 sind die Raten niedriger oder teilweise ganz ausgesetzt. Faktisch muss die CDU gar nichts „zurückbezahlen“, sondern erhält einfach bei den künftigen Abschlagszahlungen von Thierse weniger ausbezahlt.
Die Folgen der gestrigen Karlsruher Entscheidung für künftige Streitigkeiten mit den Parteien sind gering. Denn das Parteiengesetz wurde im Jahr 2002 geändert. Nun soll es als Folge unrichtiger Rechenschaftsberichte eine proportionale Sanktion geben – jeweils das doppelte des verschwiegenen Betrags. Im Hessen-Fall hätte die CDU dann 18 Millionen bezahlen müssen – auch nicht viel günstiger.
Das Urteil kam allerdings gerade noch rechtzeitig vor dem Urteil im Kanther-Prozess. Jetzt ist geklärt, dass Kanther mit seinen Manövern der CDU tatsächlich einen großen Schaden zugefügt hat.
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