Unbeschreiblich weiblich

Dass Frauen sich die Beine rasieren, gehört immer mehr zum gesellschaftlichen Standard. Wer zupft oder rasiert verstärkt jedoch nur den Haarwuchs, warnt mancher Dermatologe. Letzte Lösung ist dann die Laser-Therapie

von Kaija Kutter

„Was, du rasierst dir nicht die Beine?“, fragte jüngst die 10-jährige blonde Nichte. „Dann bist du ja auch so unweiblich wie meine andere Tante!“ So, so, „unweiblich“ also ist im Bewusstsein der angehenden Teenager, wer nicht seine Freizeit damit verbringt, den natürlichen Haarwuchs zu bekämpfen.

Aus den angloamerikanischen Büchern war das ja schon geläufig. Da werden „Kampflesben“ daran erkannt, dass sie offen mit Beinhaar umhergehen, und die junge Großstadtfrau tut sich zwischen Karriere-Stress und Liebhaberfrust etwas „Gutes“, indem sie ausführlich in der Wanne die Beine rasiert. Oder die gehetzte Hausfrau mit Haus, Hund und Kind bekommt nachts Ärger mit dem Gatten, weil unter der Decke die nicht nachrasierten Waden pieksen.

Nun hat diese Norm also auch Hamburger Zehnjährige erreicht. Zeit für einen kompetenten Rat von dermatologischer Seite. Denn haben Haare, insbesondere unter den Achseln, nicht auch eine wichtige körperliche Funktion? Und ist es für die Haut nicht schädlich, wenn permanent an ihr mit Klingen gekratzt oder mit Epiliergeräten gezupft wird?

Joachim Weiß vom Hamburger Landesverband des Bundesverbands der Dermatologen verneint im Prinzip beide Fragen. „Seit wir Menschen Kleidung tragen, brauchen wir keine Haare mehr“, erklärt der Hautarzt mit Praxis in Billstedt. „Wenn das Haar weg ist, geht es uns nicht schlechter.“ Die Atmungsfunktion der Haut und die Schweißdrüsen würden in keiner Weise beeinträchtigt. Auch ist es nicht gesundheitsschädlich, wenn die zahlreich von der Körperpflegeindustrie angebotenen Geräte zur Haarentfernung wiederholt an unsere Haut kommen.

Nur: es führt in der Regel zu verstärktem Haarwuchs. Weiß: „Mit jedem Rausreißen setzen sie in der Haarwurzel einen Entzündungsreiz, der zu neuem Haarwachstum führt.“ Bei regelmäßiger Wiederholung würden die Haare immer borstiger und dicker. Dies gilt nach Beobachtung des Hautartzes an Patienten auch für die schlichte Rasur. Jungen Mädchen rät er daher, am besten erst mal gar nichts zu machen.

Es gebe allerdings dunklen Haarwuchs, zum Beispiel über der Oberlippe, den Menschen durchaus als belastend empfinden und aus ästhetischen Gründen entfernen wollen. Dafür bieten Hautärzte wie Joachim Weiß seit einigen Jahren eine aus den USA importierte Laserbehandlung an. Ein Laserstrahl verödet dabei durch eine „kalte Verbrennung“ die Haarwurzel in der Tiefe. „Die Sache ist nicht völlig ohne Empfindung“, berichtet Weiß. „Aber bei Benutzung kühlender Geräte durchaus auszuhalten.“

Da es sich hier um strahlende Geräte handele, die auf den Hauttyp eingestellt werden müssen, übernehmen nicht Praxishelfer, sondern die Mediziner selbst die Therapie. Bei der Behandlung eines Beines sei man dann schon mal eine Stunde dabei. Allerdings werden dabei nur etwa 20 Prozent der Haarwurzeln endgültig verödet, weil es auf das Wachstumsstadium ankommt. Damit alle Haare verschwinden, muss man die Prozedur mehrfach wiederholen.

Die dauerhafte Epilation wird nicht von der Kasse bezahlt. Die Kosten belaufen sich beispielsweise fürs Oberlippenbärtchen auf rund 50 Euro. Weiß verzeichnet trotzdem eine hohe Nachfrage bei jungen Frauen: „Es ist eben eine Frage, welche Prioritäten man setzt. Andere gehen für das Geld ins Restaurant.“

Doch es gibt auch Grenzen für die Laserbehandlung. So orientiert sich der Strahl am dunklen Pigment. Schwarze oder braune Haarwurzeln werden somit gut erreicht. Bei blondem Haar aber, so der Hautarzt, geht es nicht: „Da heißt es, am besten gar nicht anfangen mit dem Rauszupfen.“ Na bitte. Damit wäre die ebenfalls blonde, unweibliche Tante vorerst rehabilitiert.