„Die beste und angenehmste Buchmesse“

Der Berliner Verleger Christoph Links zieht eine erste Bilanz der gestern zu Ende gegangenen Frankfurter Buchmesse. Berlin als Bücherstandort hat interessierte, wache und vor allem junge Leser – aber zu wenig couragierte Buchhändler

taz: Sie sind gerade, von der Buchmesse kommend, aus dem Flugzeug ausgestiegen. Wie lautet Ihre erste spontane Bilanz?

Christoph Links: Es war die seit langem beste und angenehmste Buchmesse. Das neue Konzept, Publikum aufs Messegelände zu holen und Veranstaltungen in die Hallen zu integrieren, hat das Ganze belebt.

Hat es sich für einen kleinen Verlag wie den Ihren gelohnt?

Wir haben einige sehr gute Abschlüsse machen können. Während die Buchmesse Leipzig eher auf das deutsche Publikum gerichtet ist, ist Frankfurt die große internationale Lizenzmesse. Wir haben vier Tage und Nächte lang im Halbstunden-Takt mit ausländischen Partnern und mit deutschen Taschenbuch-Partnern verhandelt. Dabei konnten wir zum Beispiel unser Al-Qaida-Buch von Oliver Schröm nach Ägypten verkaufen. Andere Titel nach Brasilien, in die Slowakei, es gab auch ein Anschlussgeschäft mit China. Jedenfalls mehr, als ich zunächst erwartet hatte.

Von Ihrem ursprünglichen Segment, die DDR und ihre Geschichte, reden Sie nicht mehr?

Fürs internationale Segmentgeschäft ist das nicht interessant, da es sich um innerdeutsche Aufarbeitung handelt.

Verkauft sich die DDR im Buch überhaupt noch?

Wenn wir bei diesem Programm stehen geblieben wären, gäbe es den Verlag sicher nicht mehr. Unsere Erfolge in diesem Jahr sind eindeutig im internationalen Themenspektrum zu finden.

Könnte eine Internationalisierung auch ein Rezept für andere Berliner Klein-Verlage sein, die oft eine absolute Nischenexistenz führen?

Nein, das hilft nur zeitgeschichtlichen Sachbuchverlagen. Das Problem der kleinen und mittleren Verlage hier ist, dass wir es in dem zunehmend zentralisierten Buchhandel immer schwerer haben vorzukommen. Selbst Titel, die euphorisch besprochen werden, sind im Handel kaum präsent. Die werden kaum noch eingekauft, da sich die großen Handelsketten auf die großen Verlage konzentrieren. Unsere Vertreter werden ja sogar oftmals erst gar nicht mehr empfangen.

Berlins Problem ist auch das Verschwinden der Buchläden, zumal der anspruchsvollen.

Der Verlust von Buchläden, zum Beispiel von Kiepert, ist für die Berliner Verlage sehr schmerzhaft. Das hat bisher niemand aufgefangen, weder im Angebot noch bei den Veranstaltungen. Ich kann nur hoffen, dass sich die kleinen Berliner Buchhändler verstärkt darauf besinnen, mit eigenem Profil und Programm etwas anderes zu bieten als die Groß-Boulevard-Buchhandlungen.

Sie verkaufen ein Drittel Ihrer Bücher hier in Berlin. Ist Berlin denn eine gute Bücherstadt?

Ja, Berlin ist trotz allem mit seiner sehr jungen, vitalen, wachen Käuferschicht, nämlich den vielen Studenten, eine wichtige Buchstadt. INTERVIEW:
ADRIENNE WOLTERSDORF