: SPD ist beliebter als erwartet
Bei der Brandenburg-Wahl verliert die SPD rund 7 Prozentpunkte, landet entgegen allen Umfragen aber über 30 Prozent. PDS dahinter. CDU bricht ein, wird aber wohl in der Regierung bleiben
AUS POTSDAM STEFAN ALBERTI und RICHARD ROTHER
Die SPD hat in Brandenburg deutlich an Stimmen verloren, aber dennoch die Wahl gewonnen. Zwar sackte sie nach 39,3 Prozent bei der letzten Wahl 1999 auf nur noch 32,5 Prozent. Damit lag sie aber noch deutlich über 30 Prozent – in allen Umfragen hatte sie darunter gelegen. Ministerpräsident Mathias Platzeck kann nun im Amt bleiben – und sich den Koalitionspartner aussuchen. Die PDS konnte zwar zulegen, kam aber mit gut 28 Prozent nur auf Platz zwei. Die CDU verlor deutlich und stürzte unter 20 Prozent. Von den kleinen Parteien schaffte nur die rechtsextreme DVU den erneuten Einzug in den Potsdamer Landtag. Grüne und FDP scheiterten deutlich an der Fünfprozenthürde.
Platzeck sagte, die Sozialdemokraten hätten in schwierigen Zeiten Gesicht gezeigt. Er sei froh, dass man auch mit einem realistischen Wahlkampf noch gewinnen könne. Für die künftige Regierungsbildung wollte sich Platzeck nicht auf eine erneute Zusammenarbeit mit der CDU festlegen. Zunächst werde es Sondierungsgespräche geben. Dann wolle er schnell eine „handlungsfähige Regierung“ errichten. Das dürfte ihm mit einer geschwächten Union wesentlich einfacher gelingen, als mit einer starken PDS, die vor allem gegen die Hartz-IV-Reform der SPD Wahlkampf gemacht hatte.
Die Stimmung auf der SPD-Wahlparty im alten Potsdamer Rathaus jedenfalls war eindeutig. Fast niemand dort wollte sich für eine Koalition mit der PDS aussprechen – weniger aufgrund des Programms der Sozialisten, sondern wegen einiger Leute an deren Spitze. Die CDU sei einfach berechenbarer, sagte ein Sozialdemokrat. Nur Kerstin Buchholz, Landeschefin der Brandenburger Jusos, plädierte für eine Zusammenarbeit mit der PDS.
Auch Berlins SPD-Chef Michael Müller empfahl eine rot-rote Koalition. Das stößt in Brandenburg aber auf wenig Gegenliebe. Der SPD-PDS-Senat in Berlin sei ein negatives Beispiel, hieß es in Potsdam. Denn in der Hauptstadt habe die SPD an Ansehen verloren.
Dennoch machte PDS-Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann der SPD Avancen. Ihre Partei legte gut 5 Prozentpunkte zu und kam auf ein Rekordergebnis in Brandenburg. Die bisher regierende Koalition aus SPD und CDU habe „eine deftige Ohrfeige“ bekommen, sagte Enkelmann. Grund für die Verluste der Koalitionsparteien sei nicht nur die Bundespolitik, sondern zu einem großen Teil auch die Landespolitik gewesen. Die SPD müsse nun entscheiden, ob sie „eine Koalition der Verlierer“ eingehen wolle oder für einen Politikwechsel eintrete. Dafür stehe die PDS bereit.
An ihrer Parteibasis hielt sich die Begeisterung für Rot-Rot jedoch in Grenzen. „Koalition ja, aber nicht um jeden Preis“, hieß es etwa. Und ein Wort fiel am Wahlabend immer wieder: „Starke Opposition“. PDS-Wahlkampfleiter Heinz Vietze richtete den Blick bereits weiter nach vorn. Der Erfolg in Brandenburg solle Auftrieb geben, um im Jahr 2006 wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen.
Während die Sozialdemokraten und Sozialisten in Potsdam feierten, gab es bei der CDU-Wahlparty außer bei Minimalisten lange Gesichter. Im Inselhotel Hermannswerder kauten die Christdemokraten mächtig daran, ein Drittel ihres Stimmenanteils von 1999 verloren zu haben.
Ihr Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm hatte als Wahlziel „stärkste Fraktion“ ausgegeben, noch im Frühjahr lag die Union in einer Umfrage bei 34, nun rutschte sie auf gerade mal 19 Prozent. Schönbohm machte die Debatte über Hartz-IV für die „tektonische Verschiebung“ zugunsten der PDS verantwortlich. Die Basis auf der Wahlparty war sich trotz der Enttäuschung sicher, dass die Union in der Regierung bleibe. Beim großen Wahlkampfthema Hartz-IV habe man gemeinsam mit der SPD an einem Strang gezogen – nun müsse man da auch gemeinsam wieder herauskommen.