: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Nicht alle Kapitalisten sind asozial: BDI-Chef Rogowski etwa steht allein mit seiner Forderung, die Unternehmer sollten aus der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme aussteigen, weil sie ja schon Arbeitsplätze schaffen
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die sprachliche Indifferenz in Schröders Schmarotzer-Schelte „bis tief in die Mittelschicht hinein“: Von oben? Von unten?
Was wird besser in dieser?
Die Forderung von Ruhrkohle-Chef Werner Müller, der Staat möge ihm eine schicke neue Zeche bezahlen, präzisiert Schröders Formulierung.
Der „Müllunternehmer“ Hellmut Trienekens muss wegen Steuerhinterziehung 10 Millionen Euro Geldbuße zahlen, ist das genug?
Die 2,7 Mio. hinterzogener Steuern hat Trienekens sogleich nachentrichtet; vor Gericht mit einem vollständigen Geständnis zur Aufklärung beigetragen, Reue gezeigt und nach Kölner Zeitungsberichten mit Erfahrungen aus der U-Haft begründet, die 10 Millionen Strafe auch für Drogenkranke einzusetzen. Das sind doch die Steuerhinterzieher, die uns heute fehlen.
Herr Trienekens ist ein kranker, alter Mann. Da hat das Gericht doch Recht mit der Annahme, eine Wiederholungsgefahr bestünde wohl nicht …
Nö, glaubt es selbst nicht, da es eine Bewährungsfrist auf 2 Jahre gesetzt hat. Problematisch eher, dass das Hauptverfahren um die Korruptionsaffäre – die ragt tief in die Politik – bisher nicht mal eröffnet wurde.
Die Unternehmer sind schlau, die deutschen Schüler noch genauso dumm wie beim Pisa-Test. Ist das dreigliedrige Schulsystem schuld daran?
Mit Gesamtschule inzwischen viergliedrig! Mein Sohn war im Dortmunder Süden, Uni-Nähe, in einer Grundschulklasse mit 16 Mitschülern. Darunter Kinder, deren Eltern im Norden der Stadt, rings um stillgelegten Bergbau, mehr als 30 Kinder pro Klasse als Lehrer unterrichten: „In meine Schule soll mein Kind nicht, da spricht ja keiner Deutsch.“ En detail sagt Pisa: Bildung ist in Deutschland Klassensache.
Aber ist eine Einheitsschule wirklich besser? Würden Sie Ihre Kinder gerne dahin schicken?
Eine Einheitsschule, an der Lehrerinnen und Lehrer nur unterrichten, weil sie auf ein Angebot vom Gymnasium hoffen, ist Mumpitz.
BDI-Chef Rogowski meint, dass die Unternehmer aus der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme aussteigen sollten, weil sie doch genug Gutes tun, indem sie Arbeitsplätze schaffen. Ist das ein bizarrer Ausrutscher?
Ja. Außer Rogo hatten das alle anderen schon gemerkt.
Oder planen die Unternehmer die Zerschlagung der sozialen Marktwirtschaft? Und wenn, haben sie Aussicht auf Erfolg?
Entweder man finanziert soziale Sicherung aus Steuern – skandinavisch – oder aus paritätischen Beiträgen – deutsch. Oder gar nicht: USA, Burkina Faso.
Die Anti-Hartz-IV-Demos scheinen weniger Zulauf zu haben. Hat die Schröder-SPD also doch Erfolg gehabt mit ihrer Taktik: nicht wackeln, einfach aussitzen?
Nö. Die Union merkt mählich, dass sie mit jedem Protest Schröders Image als „der Doktor mit der bitteren Medizin“ stärkt. Deshalb überlässt sie den Protest zunehmend den politischen Randgruppen.
Anfang Oktober wollen sich Islamisten in Berlin treffen. Schily will das Konferenz verbieten. Darf der das?
Keine Ahnung, aber vielleicht kann die NPD ja die Patenschaft für den Kongress übernehmen, dann gleicht sich das ein bisschen aus.
Und was macht Borussia Dortmund?
Gibt neue Aktien aus und ruiniert damit den Kurs der alten. Das Management des Clubs ist von einem Standortproblem nur noch schwer zu unterscheiden.FRAGEN: SR