: Schröder nicht ganz so hartz
Kanzler kommt rot-grünen Kritikern der Hartz-Konzepte zur Reform des Arbeitsmarkts entgegen. Lohndumping soll verhindert und Vermögen der Langzeitarbeitslosen besser geschützt werden
BERLIN taz ■ Der Kanzler hat den rot-grünen Kritikern der geplanten Arbeitsmarktreform ein letztes Angebot gemacht. Vier Tage vor der Abstimmung im Bundestag verständigten sich Gerhard Schröder und die Spitzen der Koalitionsparteien SPD und Grüne gestern auf Änderungen an den Hartz-Gesetzen III und IV. So soll es mehr Vorkehrungen gegen Lohndumping geben als bisher vorgesehen. Auch die Ersparnisse von Langzeitarbeitslosen will Rot-Grün besser schützen.
Ob sich die SPD-Linken mit den Änderungen zufrieden geben, war gestern Abend noch offen. Eine Probeabstimmung in der SPD-Fraktion wurde auf heute verschoben. Schröder bemühte sich gestern in einer Sondersitzung um einen ruhigen Ton und drohte nicht mit Rücktritt. Laut Teilnehmern wies er jedoch eindringlich darauf hin, dass es mit einer Unions-geführten Bundesregierung einen „Sozialabbau“ geben werde, den es mit seiner Partei nicht gebe.
Bei den Grünen seien die Reaktionen auf die Änderungen der Hartz-Gesetze „außerordentlich positiv“ gewesen, teilte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in einer Sitzungspause mit. Es habe nur „einen einzigen Abgeordneten gegeben“, der in der Gesamtbewertung „nicht so positiv“ gewesen sei. Dabei handelt es sich um den wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktion, Werner Schulz. „Mit diesen Arbeitsmarktgesetzen lösen wir das Grundproblem der Arbeitslosigkeit überhaupt nicht“, sagte Schulz der taz. Er wisse noch nicht, wie er am Freitag abstimmen werde. „Ich bin am verschärften Grübeln“, so Schulz.
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und Grünen-Chef Reinhard hatten die Änderungen am Nachmittag bekannt gegeben.
Wie geplant, sollen Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab Juli 2004 zum neuen Arbeitslosengeld II zusammengelegt werden. Dazu gibt es nun aber eine „Klarstellung an drei Punkten“ (Scholz). Arbeitslose müssen nur solche Minijobs annehmen, bei denen der „ortsübliche Lohn“ gezahlt wird. Zweitens: Für die private Altersvorsorge wie Lebensversicherungen, die ab dem 60. Lebensjahr ausgezahlt werden, soll es einen Freibetrag von 400 Euro pro Lebensjahr geben. Bisher waren nur 200 Euro pro Lebensjahr vorgesehen. Dieser Betrag soll nicht auf das neue Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Drittens: Eltern und Kinder müssen bei Arbeitslosigkeit nicht gegenseitig füreinander aufkommen. Dies wird „klargestellt“.
Nicht erfüllt wurde unter anderem die Forderung, auch Ehepartner von der Unterhaltspflicht auszunehmen.
JENS KÖNIG, LUKAS WALLRAFF
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