: Nur noch halb so wild
Nach sechs Jahren wurde das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ evaluiert. Ergebnis: Das soziale Klima in den meisten Stadtteilen ist besser
Bremen taz ■ Ein Erfolgsprojekt sei „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN), jubelten gestern einstimmig der CDU-Bausenator Jens Eckhoff und die SPD-Sozialsenatorin Karin Röpke. Die Crux: WiN ist laut einer gestern vorgestellten wissenschaftlichen Untersuchung so erfolgreich gewesen, dass zumindest einige der zehn Problemzonen, in denen WiN-Mittel verteilt wurden, in Zukunft weniger Geld für Verschönerungsmaßnahmen und Stadtteilprojekte bekommen sollen.
Marßel und Blockdiek zum Beispiel seien nach sechs Jahren WiN „sozial stabilisiert“, so der Gutachter Andreas Farwick vom Forschungsinstitut Stadt und Region an der Uni Bremen. Deshalb schlägt er vor, diese Gebiete nur noch für drei Jahre mit 25 Prozent der Regelförderung zu beglücken. Bisher lag diese bei 1,53 Millionen Euro. Wie hoch diese in Zukunft sein wird, konnten Röpke und Eckhoff gestern noch nicht sagen. Zwar würden sie das von allen Ressorts gemeinsam finanzierte Programm gerne weitere sechs Jahre laufen lassen, aber die tatsächliche Förderhöhe stehe noch nicht fest. „Das kann zurzeit noch nicht benannt werden“, so Röpke.
Auch in Grohn, der Neuen Vahr und Hemelingen hat sich nach Ansicht der Gutachter das Klima so weit verbessert, dass die Förderung zurückgenommen werden könnte. Tenever, Gröpelingen, Lüssum, Kattenturm und Kirchhuchting/Sodenmatt hingegen könnten noch weitere sechs Jahre die volle Förderung gebrauchen, so der Wissenschaftler Farwick. Außerdem schlägt er vor, weitere Gebiete in Walle sowie die Bahnhofsvorstadt, Huckelriede und Woltmershausen in die WiN-Förderung mit aufzunehmen.
Überprüft haben die Gutachter, inwiefern sich die bauliche Situation in den betroffenen Stadtteilen verbessert hatte. Als Indikator für ein verbessertes soziales Klima galt ihnen, ob „soziale und nachbarschaftliche Konflikte“ regelmäßig hochkochen. Gespräche mit Kontaktbereichspolizisten hätten ergeben, dass es beispielsweise weniger Probleme mit Jugendcliquen gebe, so Farwick. Zoff gebe es allerdings nach wie vor. Problem Nummer eins waren für viele der befragten Bewohner der hohe Ausländeranteil in den Vierteln.
Für die ausländische Bevölkerung müsse in jedem Fall mehr getan werden, so Farwick, da diese derzeit in den Mitbestimmungsgremien zu schwach vertreten sei. Mehr niedrigschwellige Angebote wie themenbezogene Arbeitsgruppen könnten andere Anwohner ansprechen als diejenigen, die sich ohnehin schon lange engagieren.
Über WiN wurden bisher 800 Projekte gefördert – darunter die Erneuerung von Hauseingangsbereichen, Selbstverteidigungs- und Sprachkurse und Schulhofgestaltungen. WiN-Mittel finanzieren maximal 50 Prozent der jeweiligen Projektkosten, der Rest muss als Drittmittel eingeworben werden. Über die Verteilung der Gelder bestimmen die BewohnerInnen in Stadtteilversammlungen selbst mit.
Eiken Bruhn