: Bahn straft Pendler und belohnt Fernreisende
Preiserhöhungen im Nahverkehr von durchschnittlich 4,1 Prozent. Fernreisende dürfen sich auf das City-Ticket freuen
FRANKFURT/M. taz ■ Zuerst die positiven Nachrichten von der Bahn: Im Fernverkehr wird es zur Fahrplanumstellung am 14. Dezember keine Preiserhöhungen geben. Der ICE auf der Strecke von Frankfurt am Main nach Dresden verkehrt dann wieder im Stundentakt, nach der endgültigen Beseitigung der Flutschäden auf der Strecke von Nürnberg über Chemnitz nach Dresden immerhin im Zweistundentakt.
Und nun die schlechte Nachricht: Für den Nahverkehr kündigte die Bahn AG ab 14. Dezember eine Preiserhöhung von durchschnittlich 4,1 Prozent an, der allerdings noch die Bundesländer zustimmen müssen. Am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main befragte Pendler bezeichneten die angedrohte Preiserhöhung im Nahverkehr gestern als „Frechheit“ oder wahlweise als „Raubrittertum“. Sie beschwerten sich darüber, noch mehr Geld bezahlen müssen, um in überfüllten – und teilweise auch verdreckten – Waggons etwa des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) zur Arbeit zu fahren. Auch die Aussicht, durch die geplante Kürzung der Entfernungspauschale in Zukunft weniger Fahrtkosten von der Steuer absetzen zu können, wirkte nicht gerade besänftigend. Nicht wenige kündigten an, bald wieder ihr Auto benutzen zu wollen.
Dieser Schuss könnte also nach hinten losgehen für die Bahn AG, die offenbar nur noch ein Herz für Fernreisende hat. Denn für die Inhaber einer BahnCard 25 oder 50, die mehr als 100 Kilometer weit mit der Bahn verreisen wollen, hält Bahnchef Hartmut Mehdorn jetzt noch ein ganz besonders Schmankerl bereit: das City-Ticket. Mit diesem Fahrschein können Bahnkunden in über 40 deutschen Städten von ihrem Zielbahnhof aus Busse und Bahnen der lokalen Verkehrsbetriebe kostenlos benutzen, um zu ihrem eigentlichen Ziel in einem Stadtteil oder Vorort zu kommen. Und das Angebot gilt auch für die Rückfahrt – bis zur Haltestelle vor der Haustüre. Das City-Ticket wurde von der Bahn AG in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und den beteiligten Verkehrsverbünden in den Kommunen – von Berlin bis Wuppertal – entwickelt. Welche Städte bereits mitmachen, ist im Internet unter www.bahn.de zu sehen. Auch die Fahrpläne der Nahverkehrsbetriebe können dort aufgerufen werden.
Fahrplanchef Ingulf Leuschel kündigte gestern in Frankfurt am Main auch an, dass die Bahn AG beabsichtige, die „touristischen Strecken“ etwa an die Ostsee oder in die Wintersportgebiete zu stärken. Und dann verkündete Leuschel noch die Eröffnung der neuen „S-Bahn Rhein-Neckar“, mit der die „Grenzregion“ zwischen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen besser erschlossen werden soll. 65 Haltepunkte wird es zwischen Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und Darmstadt geben.
Dafür mottet die Bahn AG dann unrentabel gewordene Strecken für Nahverkehrszüge ein. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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