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Archiv-Artikel

Dortmund vermisst 10.000 Briefwähler

Die NRW-Kommunalwahl im Kuvert: In vielen Städten und Gemeinden bleibt die Zahl der Briefwähler im Vergleich zur letzten Wahl 1999 konstant. Politischer Postboten-Streit in Gelsenkirchen und fehlende Briefwähler in Dortmund

RUHR taz ■ In der Dortmunder Stadtverwaltung steigt die Nervosität, weil tausende Briefwähler herumtrödeln. „Rund 10.000 Briefwahlformulare sind bislang noch nicht zurückgeschickt worden“, sagt Stadtsprecher Hans-Joachim Skupsch. Bis zum Donnerstag sollten die zögernden Kuvert-Wähler eine Entscheidung fällen, sonst könnten sie die Teilnahme an der NRW-Kommunalwahlen verpassen. „Wer es mit der Post nicht mehr geschafft hat, kann seinen Wahlbrief am Wahlsonntag noch bis 16 Uhr in den städtischen Briefkasten werfen“, sagt Skupsch und berichtet ansonsten von konstanten Briefwahl-Zahlen in Dortmund. Im Vergleich zur letzten Kommunalwahl 1999 sei die Zahl der Heimwähler stabil geblieben.

Auch Gelsenkirchen, Duisburg und Düsseldorf melden konstante Briefwahl-Ziffern. Rund zehn Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmen im Schnitt zu Hause mit dem eigenen Kugelschreiber ab. „Fast identische Zahlen wie vor fünf Jahren“, hat das Gelsenkirchener Wahlamt registriert. „Stabile Zahl: 26.000“, teilen die Duisburger Statistiker auf Anfrage mit. Eigentlich darf laut Wahlgesetz nur ausnahmsweise per Post wählen, wer am Wahltag „krankheits- oder urlaubsbedingt“ nicht in seinem Wahllokal erscheinen kann (siehe Kasten). Doch mittlerweile haben viele Kommunen Briefwahl-Lokale in ihren Rathäusern eingerichtet, in denen alle Bürger vorab wie an einem Wahlsonntag in der Kabine ihr Kreuzchen machen können.

Doch das voreilige Umgehen des Wahllokals hat auch seine Tücken. So mussten in Witten knapp 300 Briefwähler im Wahlbezirk Durchholz-Bommerholz, die ihre Briefwahlunterlagen schon bekommen hatten, noch einmal an die Urne, falls sie mit einem inzwischen ungültig gewordenen Stimmzettel für die Ratswahl schon gewählt haben. Grund für die Annullierung: Der Direktkandidat einer Partei war verstorben, ein anderer wurde nachnominiert. Ein anderes Briefwahl-Problem: Beim Antrag auf Briefwahl müssen die Wähler schon an eine mögliche Bürgermeister-Stichwahl Anfang Oktober denken. Schon bei Beantragung der Wahlunterlagen für die Briefwahl muss angegeben werden, ob am Tage einer möglichen Stichwahl am 10. Oktober noch die „krankheits- oder urlaubsbedingte Abwesenheit“ gegeben ist und damit erneut die Briefwahl in Anspruch genommen werden soll. Wer dies vergessen hat, bleibt von der entscheidenden Abstimmung ausgeschlossen.

In Gelsenkirchen wurde die Briefwählerei gar zum Politikum. Die örtliche CDU regte sich über den „Briefwahlkampf“ der SPD auf. CDU-Ortsvorsitzender Wolfgang Meckelburg beklagte, dass die Sozialdemokraten als Polit-Postboten „päckchenweise“ Briefwahlunterlagen einreichten und schaltete den Kreiswahlleiter ein. Die Genossen sollen von Haus zu Haus gegangen sein, um sich um die Briefwahl-Formalien der Wähler zu kümmern. Doch der CDU-Protest wurde abgewiesen. „Das hat sich in Luft aufgelöst“, sagt der Gelsenkirchener Wahloffizielle Horst Pfeifer. Wenn sich Wähler bei der Briefwahl helfen lassen wollen, sei das vollkommen „legal“.

MARTIN TEIGELER