: Nach der Wahl ist Jet-Alarm
Punktlandung missglückt: Die taz veröffentlicht vor den Kommunalwahlen Detailplanungen zum Düsseldorfer Flughafenausbau, die eigentlich erst nach dem Wahlsonntag auftauchen sollten
VON ELMAR KOK
Punktgenau nach Ende der Kommunalwahlen wird die Flughafen Düsseldorf GmbH beim NRW-Verkehrsministerium einen Antrag auf Weiterausbau des Düsseldorfer Flughafens stellen. Das geht aus einem Sitzungsprotokoll des Verkehrsministeriums hervor, das der taz vorliegt.
Die Mitschrift fasst eine Unterredung zwischen Flughafengesellschaft und Verkehrsministerium zusammen. Sie ist dabei mit einem Vermerk versehen, den Vorgang „unter allen Umständen“ nicht vor dem 26.9.2004 öffentlich zu machen. Pikant: Joachim Erwin, der amtierende CDU-Oberbürgermeister Düsseldorfs, ist Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft. Er musste befürchten, dass ihm die Ausbaupläne im Wahlkampf schadeten.
Laut Mitschrift geht es vor allem um mehr Starts und Landungen: Zwischen 6 Uhr und 22 Uhr sollen 45 Starts oder Landungen pro Stunde erfolgen; nach dem letzten Genehmigungsverfahren waren es in dieser Zeit noch 38 Starts oder Landungen. Auch zwischen 22 Uhr und 23 Uhr soll es 45 Landungen geben; bisher sind es 15.
Dass die Flughafengesellschaft einen Ausbau plant, sei nichts Ungewöhnliches, ist aus dem Verkehrsministerium zu hören: „Ungewöhnlich ist nur, dass Herr Erwin dem Geschäftsführer verbietet, vor der Kommunalwahl darüber zu sprechen.“ Geschäftsführer der Flughafengesellschaft ist Rainer Schwarz, der an den Ausbauplänen nichts Ehrenrühriges finden kann: „Das haben wir doch schon vor längerer Zeit bekannt gegeben“, sagt Schwarz.
Doch bekannt gegeben hatte die Gesellschaft am 24. Juli, für die verkehrsreichsten sechs Monate „eine Betriebsregelung anzustreben, die so gestaltet ist, dass die bereits grundsätzlich genehmigten 122.176 Bewegungen...abgewickelt werden können“. In dem neuen Papier ist nun die Rede von „131.000 Bewegungen“. Schwarz sagt jetzt, er kenne das Papier nicht. Und man werde erst einen Antrag stellen, wenn alle 15 notwendigen Gutachten da seien: „Bislang fehlen noch drei“. Welche das sind, sei ihm nicht bekannt, sagt der Flughafengeschäftsführer: „Das ist auch nicht relevant.“
Während im Juli die Mehrstarts und Mehrstopps noch innerhalb der so genannten „Einbahnkapazität“ durchgeführt werden sollten, wird die jetzt laut Schreiben überschritten. Die „Einbahnkapazität“ sah bisher vor, dass die Nordlandebahn nur in Notfällen genutzt werden darf. Durch die geplanten Mehrbewegungen könnte der „Angerlandvergleich“ verletzt werden. Im so genannten Angerlandvergleich einigten sich im Mai 1965 Gemeinden, Flughafengesellschaft und Verkehrsministerium vor dem Oberverwaltungsgericht Münster.
Martin Murrack, der Sprecher der Düsseldorfer SPD-Kandidatin Gudrun Hock, kann nachvollziehen, dass Erwin vor der Kommunalwahl lieber nicht über den Flughafen-Ausbau reden will: „Schließlich sind die Gemeinden vom Ausbau betroffen, in denen Erwin hohes Wählerpotenzial hat.“ Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Oliver Keymis, bezeichnet die Flughafenpläne als „Dreistigkeit“. Die Vorgehensweise zeige, dass die Flughafengesellschaft nichts ernst nehme, „nicht einmal die Politik. Ich habe das Gefühl, die wollen uns auf den Arm nehmen“, sagt Keymis. Dazu passe auch, dass der Flughafen seine Ausbaupläne nun damit begründet, dass es mehr Nachfrage als freie Start- und Landeplätze gebe. Doch noch im Juli vergangenen Jahres hatte der Flughafen Düsseldorf eine „beträchtliche Anzahl von freien Slots in den verkehrsstarken Monaten August bis Oktober“ gemeldet.