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Archiv-Artikel

Schatten über der Bremer Brücke

Bittere Niederlage: Der VfL Osnabrück wollte die großen Bayern ärgern – wie anno 1978. In der 91. Minute aber ärgerte der abgebrühte Roy Makaay den Regionalligisten

Osnabrück taz ■ Zum Glück gibt es Stadionsprecher und Fernsehreporter. Sonst hätte man beim DFB-Pokalspiel des Regionalligisten VfL Osnabrück gegen den Rekordmeister aus München am Dienstag nur schwer erkennen können, wer eigentlich in wessen Tor getroffen hat. Es war nämlich dunkel auf der „Bremer Brücke“: Nicht nur am Himmel, dessen schwarze Wolken vor Spielbeginn auf eine stürmische Partie hoffen ließen – die es leider nicht geworden ist –, sondern auch auf dem Platz und auf der Tribüne. Die Osnabrücker Flutlichtanlage lehrte die Fotografen das Fürchten und die 18.500 Zuschauer das Rätseln. Die sahen zwar die Schatten der Spieler, nicht aber deren Trikotnummern. Dass Roy Makaay in der 91. Minute das 3:2 für der Bayern schoss, konnte kaum jemand erspähen. Aber man konnte es sich denken – wer sonst rettet die Bayern in der Nachspielzeit?

Vielleicht hätte VfL-Trainer Claus-Dieter „Pelé“ Wollitz seine Mannschaft mit Taschenlampen aufs Feld schicken sollen. Vielleicht hätte dann Alexander Nouri ein möglicherweise spielentscheidendes 3:1 in der 72. Minute nicht nur „auf dem Fuß“ gehabt. Hätte, wäre, könnte: Stattdessen nutzten lediglich Kapitän Joe Enochs in der 19. und Torjäger Thomas Reichenberger in der 63. Minute ihre Chancen und ließen den King-Kahn-Darmgrippe-Ersatz Michael Rensing im Regen stehen.

Die „Bremer Brücke“ bebte trotz der mäßigen Leistung beider Mannschaften während der gesamten Partie. Die klatschnass umhertrabenden Spieler allerdings konnte man auch verstehen: Wer will bei stürmischem Herbstwetter schon Fußball auf hohem Niveau spielen? Die Bayern, die auf sechs Stammspieler, darunter Michael Ballack und Roque Santa Cruz, verzichten mussten, taten jedenfalls nicht mehr als nötig und boten spielerisch nur in den ersten zehn und den letzten fünfzehn Minuten etwas fürs Auge.

Dementsprechend fielen auch die Tore für den Bundesligisten: Claudio Pizarro verwandelte eine präzise Flanke vom frei stehenden Roy Makaay in der 5. Minute zum 1:0 und glich nach einem längeren Bayern-Durchhänger in der 74. Minute zum 2:2 aus.

Wer ein echter Osnabrücker Fan ist, der steht nicht nur auf, wenn ihn die Osttribüne dazu auffordert. Der glaubt bis zur letzten Sekunde an einen Sieg gegen die Bayern – wie anno 1978 beim 5:4, ebenfalls in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Doch als sich alle schon auf eine Verlängerung eingestellt hatten, schoß Roy Makaay das 3:2. Der Siegtreffer für die in der Schlussphase drückend überlegenen Bayern war nur noch eine Frage der Zeit. Der enttäuschte VfL-Trainer Wollitz sprach nach dem Abpfiff den Fans aus der Seele: „Ich fand es bitter, dass es die 91. Minute sein musste. Wir hatten eben das Quäntchen Glück nicht.“ Christina Stefanescu