: Kriegsbeile im Ständesystem
SED-Vergleich in Schuldebatte der Bürgerschaft: Bildungssenatorin Dinges-Dierig vergreift sich am Wort und entgeistert auch sonst die rot-grüne Opposition
Es stehe ihm nicht zu, eine Senatorin zu rügen, bedauerte Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU), „aber eine Abgeordnete hätte ich gerügt“. Für die Wortwahl, derer Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) sich zu bedienen beliebte: „Sie wollen zurück zu einer Einheitsschule wie bei der SED“, hatte sie der GAL vorgeworfen. Dinges-Dierig erntete reichlich rot-grüne Buh-Rufe, die Missbilligung des Präsidenten sowie die Zensuren „selbst diskreditiert“ und „selbst disqualifiziert“ von der grünen Fraktionschefin Christa Goetsch und von SPD-Fraktionsvize Britta Ernst.
Dabei hatte Goetsch zu Beginn der Schuldebatte in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft lediglich für die neunjährige gemeinsame Grundschule geworben. Es sei eine Lehre aus PISA, dass in Schulen mehr integriert werden müsse statt aussortiert. „Individuelle Bildungspläne für jedes Schulkind“ wie bei den PISA-Siegern Schweden und Finnland sei das Ziel einer „Schule der Zukunft“. Dem Senat warf sie vor, auf einer Schule nach einem „traditionellen Ständesystem“ zu beharren. Deutschland hingegen sei „nur Spitze bei der Ungleichheit der Bildungschancen“, assistierten die SPD-Lehrer Wilfried Buss und Gerhard Lein. Speziell die Integrative Regelschule müsse „gestärkt werden, nicht zerstört“.
Dinges-Dierig und die CDU ließen sich davon nicht beirren. „Mehr oder weniger Integration“ sei doch nur eine „Geisterdebatte“, teilte die Senatorin der darob entgeisterten Opposition mit, und das „Ausgraben ideologischer Kriegsbeile“ warf CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann SPD und GAL vor. Diese wollten „die Wahlfreiheit der Eltern abschaffen“ und Kinder in „die gleichmacherische Einheitsschule zwingen“. Auch CDU-Fraktionsvize Marcus Weinberg ereiferte sich ob der „überholten Debatte“ über die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, welche die Opposition der Bürgerschaft zum wiederholten Male zumute. Überholt sei nicht die Diskussion, sondern nämliches System, konterte Willfried Maier (GAL): „Die Dreigliedrigkeit gibt es ja nur noch in Deutschland“ – zu lange.Sven-Michael Veit