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Archiv-Artikel

tenenbom vs. springer Gallenbitter

Zu einer Schlammschlacht droht ein Konflikt zwischen Hamburger Springer-Redaktionen und dem Regisseur und Autor Tuvia Tenenbom zu eskalieren. Tenenbom, dessen hamburgweit verrissenes Stück Die letzte Jungfrau jüngst an den Kammerspielen Premiere hatte, fühlte sich durch den maliziösen Unterton der Abendblatt- und Welt-Rezensenten verletzt. Sie hatten das Stück als „obszön erotisches Polit-Märchen“ bezeichnet.

Unselbständiges Denken attestiert Tenenbom ihnen daraufhin in einem gestern im Abendblatt veröffentlichen Brief; seine Heimatstadt New York dagegen sei ein Ort „wo sich Menschen ein eigenes Urteil bilden und keiner einem Führer folgt. Lassen Sie sich nicht vom Gefühl Ihrer kulturellen Überlegenheit leiten!“

Ehrensache, dass sich das Abendblatt-Team zur Antwort veranlasst sah, die Tenenbom Pseudo-Avantgarde und kühl kalkulierte Nacktszenen unterstellt, was „im prüden New York“ wohl aufgehen könne, nicht aber in Hamburg. Harsche Töne einer Feuilleton-Redaktion, die fast an eine Auflagensteigerung per Boulevardniveau denken lassen. Die Kritiker seien oberflächlich, konterte Tenebom gestern. Sie hielten sich an Details auf, während der Mittlere Osten im Chaos versinke. Doch Hamburg habe wohl „keine Themen außer irgendeinem Hunke und Schneider“, Besitzer und Intendant des Theaters.

Und flugs hat Tenenbom aus formaler Theaterkritik einen moralisierenden Grundsatzdiskurs gemacht. Ein Argumentationspfad, der von der konkreten Inszenierung ablenkt und seinerseits mit Überlegenheitsgesten nicht spart: New Yorker Kritiker habe das Stück begeistert, so Tenenbom: „Sie waren fasziniert und dankbar.“ Und sie agieren in einem anderen gesellschafts- und geopolitischen Kontext als die Europäer, möchte man ergänzen. Beide müssen nicht gegeneinander ausgespielt werden. PETRA SCHELLEN