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Archiv-Artikel

Ambivalente Dortmunder Gefühlswelt

Borussia Dortmund zieht nach dem Sieg über Unterhaching in die dritte Runde des DFB-Pokals ein. Das trostlose Ambiente des Spiels weckt böse Zukunftsahnungen. Der kritisierte Vorstand setzt sich zu Wehr

DORTMUND taz ■ Das Stadion ist gerade einmal zu einem Fünftel gefüllt, es zieht aus allen Ecken, der Rasen ist wegen des Dauerregens eigentlich unbespielbar, der Gegner heißt Spielvereinigung Unterhaching und am Ende sind alle froh über einen glanzlosen 3:1-Erfolg. So oder so ähnlich dürften die Horrorszenarien im Umfeld von Borussia Dortmund aussehen, denkt man die beinahe täglichen Meldungen von der drohenden Insolvenz des Bundesligisten zu Ende. Zur Beruhigung: Das oben beschriebene Spiel fand zwar tatsächlich statt, allerdings handelte es sich dabei am Mittwoch Abend um ein stinknormales Match der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals – mit dem positiven Ende für den Bundesligisten.

Der überwiegende Teil der anwesenden Zuschauer war mit dem Spiel zufrieden. 19.500 Zahlende sorgten für eine ordentliche 80er Jahre Bundesligakulisse. Die Oberränge blieben komplett leer, der Rest war locker gefüllt. „In Holland ist es das selbe bei Pokalspielen“, sagte van Marwijk, „aber diejenigen, die da waren sind die echten Fans.“ Und die echten Fans unterstützen nicht nur lautstark ihr Team, sie wandten sich auch entschieden gegen die Führungsetage des BVB: „Niebaum, Meier, Vorstand raus!“ Ihre Meinung zur undurchsichtigen Vereinspolitik der letzten Monate.

Am Nachmittag hatten die Verantwortlichen des Vereins erklärt, sie würden rechtlich gegen die Ruhr Nachrichten und die Süddeutsche Zeitung wegen deren Berichterstattung über die Finanzkrise des Clubs vorgehen. „Wir werden die täglich ausufernden unsachlichen Spekulationen um die Hintergründe der derzeit durchgeführten Kapitalerhöhung nicht länger hinnehmen“, sagte Präsident Gerd Niebaum. Er reagierte damit auf Äußerungen des Anlegerschützers Stefan ten Doornkaat, die dieser in beiden Zeitungen tätigte. Ruhr Nachrichten und Süddeutsche teilten darauf hin mit, dass es sich bei den Aussagen nur um Zitate handele, die „richtig“ wieder gegeben worden seien. Präsident Gerd Niebaum und Manager Michael Meier hielten sich während des Spiels lieber im Hintergrund und tauchten auch nicht auf der Pressekonferenz auf. Wahrscheinlich feierten sie gerade das Weiterkommen – und die damit verbundene garantierte Einnahme von 241.000 Euro.

Gespielt wurde auch noch. Auch wenn es schwierig war. Große Wasserlachen vor der Südtribüne sorgten immer wieder für nette Slapstick-Einlagen. Befreiungsschläge landeten regelmäßig in den Beinen der Gegner, die Angreifer überholten die im Morast liegen gebliebenen Bälle und mit der Standfestigkeit der Spieler war es auch nicht weit her – der Elfmeterpfiff zum 3:1 blieb zweifelhaft.

„Ich habe meinen Abwehrspielern gesagt, dass sie vor der Südtribüne das Spiel nicht aufbauen, sondern die Bälle einfach nach vorne schießen sollten“, sagte Bert van Marwijk. „Und wenn sie den Ball 20 mal haben, müssen sie ihn halt 20 mal wegschießen.“ Das sah zwar nicht immer gut aus, aber diente im Endeffekt der Sache – auch weil die Gäste aus Bayern in der ersten Halbzeit über die „falschen Seite“ spielten, wie Hachings Trainer Andreas Brehme lakonisch feststellte. Etliche Angriffe blieben im durchweichten Geläuf stecken.

Dass sich ausgerechnet in Dortmund kein wirklicher Pokalfight entwickelte, mit Verlängerung, Elfmeterschießen und etlichen Karte lag wohl auch ein wenig an der Lernfähigkeit der Borussen. Trainer Bert van Marwijk war jedenfalls froh, dass der BVB anders als in den vielen Spielen zuvor es schaffte, eine Führung zu verwalten. „Die Sache ist damit vorbei“, hofft van Marwijk. Derartige Worte werden Präsident und Manager in Zukunft kaum in den Mund nehmen wollen. HOLGER PAUELR