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Archiv-Artikel

Keine Politreformen

Chinas KP beschließt bei ZK-Treffen mehr Kapitalismus, vermeidet aber Debatte über politische Reformen

PEKING taz ■ Chinas Kommunisten suchen den Weg zur sozialen Marktwirtschaft, doch mit politischen Reformen tun sie sich schwer. Das ist die Botschaft der dritten Plenartagung des 16. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, deren Abschlusserklärung gestern in der chinesischen Presse kommentiert wurde. Bereits vorab war das Treffen von den Parteimedien als wegweisend dargestellt worden.

Erstmals in der Parteigeschichte legte der seit einem Jahr amtierende Parteichef Hu Jintao dem ZK einen Rechenschaftsbericht im Namen des Politbüros vor und stellte ihn zur Debatte. Beobachter sahen darin eine bedeutsame innerparteiliche Demokratisierung. „Nie zuvor hat sich das Politbüro dem ZK als legitimierendes Gremium unterstellt. Es hat dem ZK immer nur Befehle erteilt“, sagte ein ranghohes Parteimitglied der taz. Die mit dem neuen Verfahren geweckten Hoffnungen auf eine breitere Diskussion politischer Reformen haben sich jedoch nicht bestätigt. „Über politische Reformen und Demokratie wurde auf der Plenartagung nicht viel gesprochen“, kommentierte das Parteimitglied gegenüber der taz. Zwar spricht die Abschlusserklärung von der „aktiven Gestaltung der politischen Systemreform“, doch wird dies nicht weiter ausgeführt.

Im Zentrum der Beratungen stand stattdessen die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Wichtigster neuer Auftrag des Plenums an das Politbüro ist, der Privatwirtschaft größeres Gewicht zu verschaffen. Ihr sollen von nun ab auch jene Branchen geöffnet werden, die bisher staatlichen Unternehmen vorbehalten waren. Das gilt etwa für Infrastrukturmaßnahmen wie den Straßen- oder Flughafenbau und für öffentliche Versorgungsmaßnahmen wie im Nahverkehr oder Gesundheitswesen. „Nicht staatliche Firmen werden Gleichbehandlung hinsichtlich Besteuerung, Landrechten, Investionen und Außenhandel genießen“, diktierte das Zentralkomitee. Damit wollte es der Tatsache Rechnung tragen, dass heute vor allem Privatunternehmen in China Arbeitsplätze schaffen.

Weitere Anweisungen des Plenums drängen auf einen Ausgleich des wachsenden Grabens zwischen Arm und Reich. So sollen die alten Industrieprovinzen im Nordosten unterstützt und das große Gefälle zwischen reichen Küstenregionen und armem Hinterland ausgeglichen werden. Zudem will die KP die Bauern nicht länger an ihre staatlich zugeteilte Scholle binden und ihnen erlauben, ihre Landrechte zu veräußern. Damit könnte es in China bald wieder Großgrundbesitzer geben.

GEORG BLUME