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Archiv-Artikel

SPD stärkt Schily den Rücken

Asyllager in Afrika entzweien die Koalition. Grüne bereiten ablehnende Beschlüsse vor, SPD-Politiker unterstützen Schily und schimpfen: „Grüne sind zu weit gegangen“

BERLIN taz ■ Zwischen SPD und Grünen zeichnet sich ein ernsthafter Konflikt um die künftige Flüchtlingspolitik ab. Trotz des Widerstands der Grünen ist Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) offenbar entschlossen, seine Idee, EU-Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika einzurichten, weiter voranzutreiben. „Schily macht daraus jetzt ein Konzept und wird daraus auch eine europäische Initiative machen“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, gestern der taz. Schily halte „an seinen Grundbotschaften fest“ und werbe europaweit um Unterstützung für sein Konzept. In Kürze sei deshalb auch ein Gespräch mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden, dem niederländischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende, geplant.

In den eigenen SPD-Reihen kann Schily inzwischen offenbar mit Unterstützung rechnen. Der SPD-Innenpolitiker Hans-Peter Kemper und der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Jochen Welt, sollen in internen Gesprächen bereits Zustimmung signalisiert haben. Aus rot-grünen Kreisen hieß es, Welt habe seine Haltung mit dem Argument begründet, die Einreiseanträge für Aussiedler würden schließlich auch im Ausland geprüft. „Anlaufstellen“ für Asylbewerber in Afrika könnten „eine Möglichkeit“ sein, um etwas gegen das Flüchtlingselend im Mittelmeer zu tun, sagte Wiefelspütz. „Wir werden uns auf jeden Fall erst einmal anhören, wie sich der Minister das vorstellt.“

Die Grünen haben sich bereits festgelegt – dagegen. In dem Entwurf für einen Beschluss der Bundestagsfraktion heißt es, die Grünen lehnen Asyllager in Afrika wegen „fehlender Rechtsstaatlichkeit“ und „mangelnder Praktikabilität“ ab. Es sei „fraglich“, ob Schilys Vorhaben mit den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention in Übereinstimmung stehe. Auch für den Grünen-Parteitag Anfang Oktober liegt ein Antrag vor, in dem Schily „eine deutliche Absage“ erteilt wird: „Eine derartige Auslagerung des Flüchtlingsschutzes in Drittstaaten wäre nicht nur völkerrechtswidrig, sondern würde auch gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verstoßen.“

Noch vor dem Parteitag, nämlich am kommenden Montag, wollen sich Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, Zuwanderungsexperte Volker Beck und die Innenpolitikerin Silke Stokar mit Schily treffen, um den Konflikt zu entschärfen. Dass es zu einer Einigung kommt, scheint indes mehr als fraglich. Dafür sind nicht nur die Positionen wohl zu gegensätzlich. Dafür ist auch das Klima derzeit zu vergiftet. „Die Grünen sind zu weit gegangen“, sagte Wiefelspütz gestern über die grüne Kritik an Schily. Die scheidende Grünen-Chefin Angelika Beer hatte Schily unlängst vorgeworfen, er stelle mit seiner Law-and-Order-Politik eine Belastung für die Koalition dar. Ihre designierte Nachfolgerin, Claudia Roth, nannte es im Tagesspiegel „ein sehr unglückliches Verfahren“, dass der Minister andere europäische Länder für ein Projekt gewinnen wolle, obwohl der Koalitionspartner dies ablehne. Der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, bemängelte, dass Schily den Bundestag übergangen habe: „Es ist skandalös, dass wir Parlamentarier zwei Monate warten müssen und nur aus der Presse informiert werden, während der Minister schon im Ausland verhandelt.“ LUKAS WALLRAFF

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