: Trips ohne Horror
betr.: „Im Weltraum der Seele“, taz vom 15. 10. 2003
Der LSD-unerfahrene Leser (wohl die Mehrzahl) dürfte nach Detlef Kuhlbrodts Auslassung einigermaßen verwirrt sein. Hat Hofmann LSD nun a) synthetisiert, b) entdeckt, c) erfunden?
Lang widerlegte Klischees werden wiederholt, dass man die Wirkung eines LSD-Trips „nur schwer vorhersehen“ könne; LSD-25 auch in Pilzen enthalten sei; Albert Hofmann im hohen Alter immer noch auf Konferenzen auftauche. Ja, sogar die CIA-Mär, Soldaten seien unter LSD-Einfluss aus Fenstern gesprungen, wird noch mal recycelt – Jahre nachdem klar ist, dass (nur) ein CIA-Abtrünniger von seinem Verein aus dem Fenster geworfen wurde. Die Liste der Falschmeldungen ließe sich fortsetzen. Kuhlbrodt scheint selber einmal einen schlechten Trip erlebt zu haben, kann er doch nicht zwischen „Glauben“ und „Wissen“ unterscheiden und behauptet unbelegbar, dass in der psychedelischen Szene „logischerweise die beschädigten Psychen in der Mehrzahl“ seien.
Als ehemaliger LSD-Händler mit der Eigenerfahrung hunderter von Trips (ohne Horror), Tripbegleiter von hunderten Usern (ohne größere Probleme) und Versuchskaninchen in legalen LSD-Versuchen bin ich erschüttert, dass diese Zeitung auf diesem sensiblen Gebiet solch einen reaktionären Rückschritt macht.
Albert Hofmann und seine Frau Anita sind für ihr Alter unglaublich rüstige und geistig fitte Menschen – wenn LSD legal wäre, gäbe es keine bessere Werbefiguren für diese Substanz. Dem bescheidenen Chemiker Hofmann ist es vorbildhaft gelungen, die Früchte seiner Arbeit (er hat ja nicht nur LSD entdeckt) in ein ganzheitliches Leben einzubinden. Das finde ich wichtiger als Kuhlbrodts Hinweis, dass die Sprache des bald 98-Jährigen „naturgemäß etwas altertümlich“ daherkomme. WERNER PIEPER,1985/86 als „Ronald Rippchen“ Drogenkolumnist der taz,Löhrbach im Odenwald