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Archiv-Artikel

PDS kürzt ab jetzt mit Absicht

PDS-Senator Harald Wolf verlangt in Strategiepapier, Reformen offensiv zu verkaufen: Partei müsse sich „zum Vorsatz bekennen“. Zwei Jahre vor der nächsten Berlinwahl legt er sich auf Rot-Rot fest

von STEFAN ALBERTI

PDS-Größe und Wirtschaftssenator Harald Wolf hat schon fünf Wochen vor dem PDS-Bundesparteitag in Potsdam ein konfliktreiches Parteitreffen gesichert. In einem 16-seitigen Strategiepapier legte sich Wolf am Wochenende eindeutig auf eine Koalition mit der SPD über 2006 hinaus fest. Nur zwei Tage zuvor waren in Brandenburg rot-rote Koalitionsgespräche gescheitert – mit Zutun der PDS. Wolf plädiert zudem dafür, sich gegen das vorherrschende Bild der PDS als Partei des Geldausgebens und der sozialen Wohltaten zu wenden.

Wolf forderte, sich nach außen hin nicht als diejenigen darzustellen, die in der Regierung Schlimmeres verhindert haben. Für ungeeignet hält er das, ein neuer Gestus soll her. Man müsse „nicht auf mildernde Umstände plädieren, sondern sich zum Vorsatz bekennen“. Die PDS müsse klar machen, dass manche Reformen überfällig und nicht nur wegen der Haushaltsmisere nötig waren und sind. Als Beispiel nennt er Verwaltungsreform, Schulgesetz und neue Strukturen bei den Hochschulen.

Dass die PDS als die Partei mit den Spendierhosen wahrgenommen wird, hält Wolf für fatal – auch wenn die Partei davon in der Hartz-IV-Debatte enorm profitierte. Seine Logik: Wer sie so sieht, versteht Sparbeschlüsse nicht als überzeugtes politisches Handeln der PDS – und hält ihr dann vor, an der Macht zu kleben, einzuknicken, sich über den Tisch ziehen zu lassen.

Wolf, der noch vor zwei Jahren eine schärfere Profilierung der PDS in der Koalition forderte, legt sich nun eindeutig auf die SPD als Partner fest. Das soll auch für den Wahlkampf gelten: „PDS und SPD sind gut beraten, darauf zu verzichten, sich wechselseitig Wähler abspenstig zu machen.“ Beide Parteien sollten sich Spielraum gewähren. Es liege durchaus im Eigeninteresse der PDS, „dass der sozialdemokratische Partner sein derzeitiges Umfragetief überwindet“. Rot-Rot hat zwar wieder hinzugewonnen, kommt aber auch in der jüngsten Forsa-Umfrage weiter nicht über 38 Prozent hinaus – bei der Wahl 2001 waren es über 52.

Neue Wähler will Wolf den Grünen abnehmen. Die bekamen 2001 nur 9,1 Prozent, stiegen aber in diesem Sommer auf über 20 Prozent. Seine Zielgruppe: das „postmaterialistische Wählerspektrum“ und die „linksalternative Innenstadtszene“.

Die PDS-Fraktion diskutierte das Papier bei ihrer Klausurtagung in Szcezin, ohne darüber abzustimmen. Dem Vernehmen nach fand es zwar durchaus Zustimmung. Eine klare Koalitionsaussage der Fraktion aber gibt es derzeit nicht. Gängige Sicht ist offenbar: Weiter mit der SPD wäre nicht schlecht, muss aber nicht unbedingt sein.

Beim Bundesparteitag Ende Oktober wird Wolf auf deutlich mehr Kritik stoßen. Rot-Rot passt vielen Mitgliedern anderer Landesverbände noch immer nicht. Umso weniger Begeisterung dürfte eine Koalitionsaussage zwei Jahre vor der Abgeordnetenhauswahl 2006 auslösen.