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Archiv-Artikel

Hopp, hopp ins Faulenquartier

Nachbarn für Radio Bremen dringend gesucht: Mit einem opulenten Fragebogen will der Senat in der Medienbranche auskundschaften, wer unter welchen Umständen bereit wäre, seine Firma ins neue „Medienzentrum“ zu verlegen

Von M. Jox
„Ist Ihnen bekannt, dass Bremen den Bau eines Medien-Zentrums plant?“

Bremen taz ■ Das Schreiben kommt von ganz oben: „Der Präsident des Senats“ – dieser Schriftzug prangt als Absender auf einem Brief, den in der letzten Woche rund 1.500 Bremer Selbständige und Unternehmer erhalten haben, die „in der Medienwirtschaft tätig sind“. Die Adressaten möchten doch „über Ihre Arbeitssituation Auskunft geben und Ihre Erwartungen an unsere Medienpolitik formulieren“, bittet Bürgermeister Henning Scherf (SPD) in dem Schreiben. Hintergrund: Der Senat hat beschlossen, eine „Gesamtbefragung der Bremer Medienwirtschaft“ in Auftrag zu geben – der entsprechende Fragebogen lag dem Scherf-Brief gleich bei.

Woher der Wind weht, wird schnell klar: Es geht um das geplante Medienzentrum im Faulenquartier: „Die Entscheidung ist ein wichtiger politischer Beitrag zur Förderung aller heimischen Unternehmen und Selbständigen, die auf den Medienmärkten aktiv sind“, belehrt Scherf die Kreativen. Der Senat wolle dieses Zentrum „funktional und nutzergerecht“ gestalten und „weitere medienpolitische Instrumente nach den Bedürfnissen der Bremer Medienwirtschaft“ ausrichten. Allein, man könnte den Subtext des Schreibens auch so lesen: Radio Bremen, der „Ankermieter“ im neuen Medienzentrum jenseits der Brillkreuzung, braucht dringend viele Nachbarn.

Zunächst kann man in dem Fragebogen ankreuzen, „welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Bremen“ für das eigene Unternehmen hilfreich wären. Doch schon ab Frage 6 geht es ans Eingemachte: „Ist Ihnen bekannt, dass Bremen den Bau eines Medienzentrums plant?“ Und dann geht es Schlag auf Schlag: Welche Details der Gestaltung sind bekannt, kann man sich vorstellen, im Faulenquartier Räume anzumieten und schließlich: „Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Sie den Einzug in das Medienzentrum in Erwägung ziehen?“ Ankreuzen kann man zum Beispiel: „Sekretariatsservice für die Mieter“, „flexible Mietkonditionen“ oder auch „Belebung des Viertels um das Zentrum herum“.

Mit dem Projekt haben die Auftraggeber – Senatskanzlei und die Bremer Innovations-Agentur (BIA) – das Hamburger Forschungsinstitut „Büro Kammerer-Jöbges“ (BKJ) betraut. BKJ-Mitarbeiter Achim Grützmacher sagt, man wolle im Dezember die Ergebnisse vorlegen. Ob diese Studie öffentlich publiziert werde, müssten freilich die Bremer Auftraggeber entscheiden. Mit dem derzeitigen Rücklauf der Fragebögen sei er „bisher ganz zufrieden“. Zunächst einmal gelte es, eine Bestandsaufnahme der Bremer Medienlandschaft zu erreichen und so „eine Basis zu schaffen“. Leider gebe es, was den Weg hin zu einer Medienstadt betreffe, „noch kein allzu hohes Selbstbewusstsein“, so der Experte. „Da übt man sich in Bremen noch in Bescheidenheit, die werkeln da so vor sich hin.“

„Klar ist doch, dass wir nicht Köln, Berlin oder Hamburg werden“, sagt Senatssprecher Klaus Schloesser, „aber wir wollen mit unseren Kompetenzen und Potenzen intelligenter wuchern und versuchen, ein Profil als Medienstandort zu erarbeiten“. Das sei doch allemal ein „ehrenwertes Anliegen“. „Leute helft uns dabei, gebt uns Ratschläge“, laute das Signal, das der Bürgermeister mit seinem freundlichen Begleitbrief habe geben wollen.

Anfang November, so hat das BKJ angekündigt, gehe das Projekt in eine zweite Runde: Dann werde man mit „ausgewählten Ansprechpartnern vertiefende telefonische oder persönliche Gespräche führen“. M. Jox