: K-Pauschale beeinflusst K-Frage
Die Unions-Chefs Merkel und Stoiber benötigen Spitzentreffen für Kopfpauschale. Dissonanzen in Gesundheitspolitik lassen Gerüchte über Kandidatenfrage laut werden
BERLIN taz ■ Michael Glos hat Humor. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag warnte gestern die Schwesterpartei „vor Personaldiskussionen in schwierigen Zeiten“. Damit bewies Glos Distanz zur jüngsten Angela-Merkel-Bestätigungsorgie bei der CDU. Nur hatte die CSU diese erst provoziert. Seit Wochen dementieren die Bayern fröhlich angebliche Gerüchte, ihr Chef Edmund Stoiber sehe sich auch 2006 als Kanzlerkandidat.
Gestern nun waren CDU-Landesgrößen wieder einmal genötigt, sich hinter Merkel als Kandidatin zu stellen: Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus erklärte, Merkel habe als Oppositionschefin das „erste Zugriffsrecht“. Der CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, Eckhardt Rehberg, sagte: „Die K-Frage ist geklärt.“ Baden-Württembergs Landeschef Georg Brunnhuber meinte, seine Landesgruppe sei zu 100 Prozent für Merkel als Kanzlerkandidatin. Vor der Wahl 2002 hatte der 34-köpfige Bundestagstrupp aus Südwest noch Stoiber unterstützt. Bremens CDU-Chef Bernd Neumann: „Die Basis will Merkel.“
Doch die Union ist keine basisdemokratische Organisation. Und angeblich steht auch der eine oder andere CDU-Ministerpräsident bereit, das schwere Amt der Kanzlerkandidatur auf ihre männlichen Schultern zu wuchten, wenn die Unterstützung für Merkel schwinden sollte. Zum Beispiel wenn nach den Verlusten bei den jüngsten Landtagswahlen es auch der Nord-CDU im Februar nicht gelingt, die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein abzulösen. Oder wenn im kommenden Mai Nordrhein-Westfalen nicht von rot-grüner Vorherrschaft zu befreien sein sollte.
Der Stand des unionsinternen Streits in der Gesundheitspolitik wird bei alldem als Indikator für Merkels Macht und Merkels Schuld stehen – wenn der Zwist um die Kopfpauschale (Gesundheitsprämie) bis dahin nicht beigelegt ist. Ende dieser Woche wollen sich Merkel und Stoiber treffen, um über einen Kompromiss zum Umbau des Gesundheitssystems zu verhandeln. Schon ist von einem geheimen Gipfeltreffen die Rede.
Das so genannte Kompromissmodell der CSU lässt einen wichtigen Teil des Merkel’schen Beitragskonzepts außen vor: den steuerfinanzierten Sozialausgleich. Die CSU will weiterhin im Gesundheitssystem von Reich zu Arm umverteilen. Es soll nach Einkommen gestaffelte Versicherungsbeiträge geben. Darauf kann sich Merkel unmöglich einlassen, will sie ihr Modell von Einheitsprämien für alle gesetzlich Versicherten retten. Der Sozialausgleich über das Steuersystem soll etwa halb so stark ausfallen wie bisher.
Zum Düsseldorfer CDU-Parteitag im Dezember wird Merkel wohl ohne Gesundheitskompromiss mit der CSU ziehen müssen. ULRIKE WINKELMANN
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