live im diesseits
: Fundamentalismus in Osnabrück

Jürgen Saß ist Pastor der Baptistengemeinde in Osnabrück: „Ich achte die Menschen im Islam oder Buddhismus, nur was sie verkünden, ist nicht richtig.“ Eine nicht-christliche Religion könne er als Prediger niemals anerkennen.

„Damit grenzt sich Herr Saß von anderen Religionen ab und setzt seine Konfession an die Spitze“, so Reinhold Mokrosch, evangelischer Theologe an der Uni Osnabrück . Er hat zum Thema Fundamentalismus vergangenen Sonntag eine Diskussion im Gemeindesaal der Osnabrücker Marienkirche organisiert.

Statt zu diskutieren, sind die Vertreter von Christentum und Islam bemüht, sich von Fundamentalisten abzugrenzen. So kann man eine Auseinandersetzung wunderbar umgehen. Auch der Sprecher der regionalen Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, Nihat Köse, distanziert sich: „Im Koran steht nicht drin, dass man in ein Flugzeug steigen und mehrere tausend Menschen umbringen soll.“

In seiner Einführung umreißt Mokrosch den Begriff Fundamentalismus: Jemand, der den religiösen Pluralismus ablehne und die Bibel für unfehlbar halte, sei Fundamentalist. „Für mich ist das alles wahr und wirklich so geschehen“, sagt Saß über das Neue Testament. Jesus habe wirklich Tote auferweckt. Maria sei von Gott und nicht von Josef geschwängert worden. „Herr Saß ist ein religiöser Analphabet und ein Fundamentalist“, entrüstet sich Mokrosch. „Die Sprache der Religion besteht aus Symbolen und Metaphern.“ Im Alltag funktioniere das bestens: „Wenn ich sage: du alte Sau, stelle ich mir ja auch nicht vor, mein Gegenüber habe ein Ringelschwänzchen.“ Gefährlich werde dieses Wörtlichnehmen, wenn es um das Reich Gottes gehe. „Dann macht man daraus einen christlichen, jüdischen oder islamischen Staat“, befürchtet Mokrosch.

Frau und Kopftuch? Mokrosch: „Dies ist im Koran nur eine Möglichkeit, Gottesverehrung auszudrücken. Wenn man das zum Zwang macht, ist das fundamentalistisch.“ Nihat Köse will Frauen nicht zum Tragen eines Kopftuchs zwingen, klar aber sei, „dass dies nach dem Koran für die Frau Pflicht ist.“ Ist er jetzt Fundamentalist? Köse sagt: „Nein!“

Heiko Ostendorf