Patienten zahlen ab 2004 drauf

Gestern flutschte die Gesundheitsreform durch den Bundesrat. Fürs gesetzlich versicherte Volk enthält sie ab 1. Januar vor allem Zuzahlungen und Streichungen

BERLIN afp/taz ■ Nach der gestrigen Zustimmung des Bundesrates können die vielen Regelungen der Gesundheitsreform nun ab 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten. Eine Auswahl:

Für die gesetzlich Versicherten unmittelbar auffällig dürften die gestiegenen Zuzahlungen werden. Als Faustregel gilt: Für alle medizinischen Leistungen 10 Prozent zuzahlen, maximal jedoch 10 Euro, mindestens 5 Euro. Das gilt erstens für Arzneimittel, bei denen sich die Rezeptgebühren entsprechend erhöhen, aber auch für die Verordnung von häuslicher Krankenpflege, Reha-Leistungen, Krücken und so weiter.

Bei Arztbesuchen werden 10 Euro im Quartal fällig. Diese entfallen bei einer Behandlung auf Überweisung. Für alle Versicherten gilt für alle Zuzahlungen eine Belastungsgrenze von 2 Prozent des Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken 1 Prozent. Kinder bis 18 sind von Zuzahlungen befreit. Bei einem Krankenhausaufenthalt fallen täglich 10 Euro für maximal 28 Tage pro Jahr an.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen Patienten ab 12 Jahren selbst zahlen. Es wird einen Ausnahmenkatalog für bis zu zwölf Indikationen geben, beispielsweise Acetylsalicylsäure („Aspirin“) nach einem Schlaganfall oder Mistelpräparate bei Krebs.

Sterbegeld und Entbindungsgeld fallen weg, auch Sterilisation sowie bestimmte künstliche Befruchtungen werden nicht mehr bezahlt. Zuschuss zu Brillen gibt’s nur noch für Kinder bis zum Alter von 18 Jahren sowie schwer Sehbehinderte. Fahrtkosten für Taxi- und Mietwagenfahrten werden nicht mehr erstattet. Ausnahmen soll es etwa für Dialysepatienten geben.

Der Zahnersatz wird ab 2005 aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen. Jeder muss eine Zusatzversicherung zum Einheitspreis von geschätzten 7 Euro abschließen, wer will, kann dies bei einer Privatversicherung tun. Bei den gesetzlichen Kassen bleibt die Familienmitversicherung erhalten.

Das Krankengeld müssen die Versicherten ab 2006 alleine finanzieren, indem sie einen „Sonderbeitrag“ von 0,5 Prozentpunkten zahlen, um den die Arbeitgeber wiederum entlastet werden. Der bisher hälftige Beitragssatz wird sich verschieben: 2,5 Prozent plus auf Arbeitnehmerseite und 2,5 Prozent minus auf der Arbeitgeberseite.

Es gibt auch neue Papiere: Eine Patientenquittung soll über die Kosten der Behandlung informieren, eine neuer Versicherungsausweis ab 2006 soll auch medizinische Daten erfassen, um falsche Medikation zu verhindern.

Apotheken dürfen bis zu drei Nebenstellen in einem Kreis oder dem Nachbarkreis haben. Der Pillen-Versandhandel soll zugelassen werden.

Krankenkassen können Versicherten künftig Tarife mit Beitragsrückzahlungen beim Verzicht auf Arztbesuche sowie Bonussysteme für gesundheitsbewusstes Verhalten anbieten.

Ein kleiner Trost für frustrierte gesetzlich Versicherte: Die Streichungen und Zuzahlungen gelten auch für Beamte und Politiker. UWI